Tamirat Tola dominiert im Alleingang zum Streckenrekord

Erstmals in der Geschichte des New York City Marathon hat ein Läufer den selektiven Kurs und traditionell ohne Unterstützung von Tempomachern in einer Zeit unter 2:05 Stunden absolviert. Der Äthiopier suchte vehement frühzeitig die Entscheidung und verwandelte seine Überlegenheit mit einem beeindruckenden Schritt in den Sieg mit dem größten Vorsprung seit Jahrzehnten. Das Rennen, in dem auch einige europäische Spitzenläufer Erfahrungswerte für den schwierigen Olympischen Kurs in Paris sammeln wollten, war vor allen Dingen an der Spitze historisch.

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Die Überlegenheit von Tamirat Tola sei gleich in Zahlen gefasst. Denn diese erzählen Beeindruckendes. Acht Sekunden nahm er dem seit 2011 bestehenden Streckenrekord von Geoffrey Mutai ab. Zuletzt siegte der Marokkaner Abdelkader El Mouaziz im Jahr 2000 mit einem größeren Vorsprung als Tola gestern, damals 2:21 Minuten bei einer Siegerzeit von 2:10:09 Stunden. Und auch für den 32-jährigen Äthiopier, der seinen bisher größten Erfolg bei den Weltmeisterschaften 2022 in Oregon als Marathon-Champion gefeiert hat, war dieser Sieg in New York ein besonderer. Nach seinem durch Magenschmerzen erzeugten Aus beim WM-Marathon in Budapest entschied er sich kurzfristig für das Rennen in New York, bei dem einige Topstars der Szene absagen musste. Auch, weil er durch seinen Sieg beim Great North Run im September erkannte, gut in Schuss zu sein. Diese Entscheidung brachte ihn den ersten Sieg bei einem World Marathon Major. Sein bisher größter City-Marathon-Sieg war jener in Amsterdam 2021 mit noch gültiger persönlicher Bestleistung von 2:03:39 Stunden.

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Initiative zur Halbzeit

Bei nahezu idealen Marathon-Bedingungen mit 11°C am Start, fast Windstille und Sonnenschein kam das Elitefeld der Männer von Beginn an recht gut ins Rollen. Ab Kilometer zehn kam ziemlich Schwung in die Spitzengruppe, in der Tamirat Tola, laut Papier und laut Realität der stärkste Läufer im Feld, die Initiative übernahm. Bereits zur Halbzeit war die Spitzengruppe auf fünf Läufer reduziert, die eine Zwischenzeit von 1:02:45 Stunden erreichte. Tola blieb am Drücker, der Marokkaner Zouhair Talbi fiel in seinem zweiten Marathon genauso zurück wie Olympia-Medaillengewinner Abdi Nageeye. Auch der Sieger von 2021, Albert Korir konnte entlang einer langen Geraden dem Schritt Tolas nicht mehr folgen. Der Äthiopier lief zwischen Kilometer 25 und Kilometer 30 seine schnellsten Kilometersplits (14:07 Minuten für diesen 5km-Abschnitt) und löste sich in dieser Phase auch von seinem letzten Begleiter, seinem Landsmann Jemal Yimer.

Tamirat Tolas Halbmarathon-Splits: 1:02:45 / 1:02:13 Stunden
Tamirat Tolas 5km-Splits: 15:29 / 15:11 / 14:24 / 14:30 / 14:41 / 14:07 / 14:29 / 15:17 / 6:50 (2,195 km) Minuten

Mit dem Heft sicher in der Hand, all seinem Mut und seiner Überzeugung lief Tola Richtung Central Park. Sein Sieg war lange abgesichert, bevor er auch die Frage nach dem Streckenrekord bejahen konnte. Denn die letzten Kilometer im hügeligen Gelände der „Grünen Lunge New Yorks“ wurden nach dem anstrengenden Rennverlauf auch für den Sieger schwierig. Umso erleichterter äußerte er sich im Ziel, unmittelbar nach dem Zieldurchlauf und vor der obligatorischen Ehrenrunde war er mit ziemlich erschöpfter Miene seinem Manager Gianni Demadonna um den Hals gefallen.

Ex-VCM-Sieger als New-York-Spezialist

Yimer, zuletzt Vierter der Halbmarathon-WM in Riga, hatte sich mit dem verbissenen Dranbleiben an Tola letztendlich keinen Gefallen getan. Der ehemalige äthiopische Rekordhalter im Halbmarathon, der nach wie vor nicht richtig im Marathon angekommen scheint, brach ab Kilometer 35 richtig ein und fiel bis auf Position neun zurück, wobei er alleine ab Kilometer 40 noch über zwei Minuten auf Tola verlor. Besser hatte sich Albert Korir, ehemaliger Sieger des Vienna City Marathon, die Kräfte eingeteilt, der das Ziel als Zweiter in einer Zeit von 2:06:57 Stunden erreichte und damit seine persönliche Bestleistung um über eine Minute senkte. Rang drei ging an Shura Kitata, der damit seinen dritten Stockerlplatz beim größten Marathonlauf der Welt verbuchte.

Europäer in der Verfolgergruppe

Bereits zum dritten Mal in Folge bestritt Abdi Nageeye den letzten der World Marathon Majors des Jahres. Nach den Rängen fünf und drei in den Vorjahren belegte er dieses Mal Position vier in einer Zeit von 2:10:21 Stunden, die ganz große Leistung gelang dem Sieger des Rotterdam Marathon 2022 und seit vielen Jahren holländischen Rekordhalter auch in diesem Jahr nicht. Er war nur knapp bester Europäer vor dem Belgier Koen Naert, der fast sieben Monate nach seiner persönlichen Bestleistung in Rotterdam inklusive Olympia-Limit ein neuerliches Top-Resultat erzielte. Mit Maru Teferi, WM-Zweiter von Budapest, und dem Italiener Iliass Aouani folgten zwei weitere Europäer mit 2:10er-Zeiten ins Ziel. Eine beachtliche Leistung für den in seiner Jugend aus Äthiopien nach Israel geflüchteten 31-Jährigen, der nach dem Rennen sagte, angesichts der Ereignisse in seinem Heimatland wäre der Fokus auf das Training schwierig gewesen. Der Deutsche Hendrik Pfeiffer, der erst vor sechs Wochen den Berlin Marathon bestritten hat und dort erstmals unter 2:10 Stunden gelaufen ist, finishte angesichts dessen mehr als passabel in einer Zeit von 2:12:53 Stunden auf Platz zwölf.

Die Träume grandioser nordamerikanischer Platzierungen erfüllten sich beim New York City Marathon 2023 nicht. Cameron Levins, der eine Chance sah, als erster Kanadier der Geschichte dieses Rennen zu gewinnen, konnte bereits früh nicht mithalten und beendete das Rennen frustriert. In sozialen Netzwerken gab es gesundheitliche Entwarnung, er habe sich aber nicht gut gefühlt. Edward Cheserek, der seit vielen Jahren in den USA lebende Kenianer, verlor ebenfalls früh den Anschluss und wurde in einer Zeit von 2:11:07 Stunden Achter. Es war das Debüt im Marathon für den Sieger des Kopenhagen Halbmarathons. Er war noch um zwei Positionen besser als der beste US-Amerikaner, Futsum Zienasellassie.

Ergebnis TCS New York City Marathon 2023 der Männer

  1. Tamirat Tola (ETH) 2:04:58 Stunden *
  2. Albert Korir (KEN) 2:06:57 Stunden **
  3. Shura Kitata (ETH) 2:07:11 Stunden
  4. Abdi Nageeye (NED) 2:10:21 Stunden
  5. Koen Naert (BEL) 2:10:25 Stunden
  6. Maru Teferi (ISR) 2:10:28 Stunden
  7. Iliass Aouani (ITA) 2:10:54 Stunden
  8. Edward Cheserek (KEN) 2:11:07 Stunden ***
  9. Jemal Yimer (ETH) 2:11:31 Stunden
  10. Futsum Zienasellassie (USA) 2:12:09 Stunden
  11. Elkanah Kibet (USA) 2:12:23 Stunden
  12. Hendrik Pfeiffer (GER) 2:12:53 Stunden
  13. Sydney Gidabuday (USA) 2:14:34 Stunden **
  14. Nathan Martin (USA) 2:16:16 Stunden
  15. Jia Eren Jia (CHN) 2:16:50 Stunden

* neuer Streckenrekord
** neue persönliche Bestleistung
*** Marathon-Debüt

TCS New York City Marathon

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