Berlin Marathon erwartet Spitzenleistungen
Sowohl die internationale als auch die Besetzung der deutschen Topgruppe verspricht in Verbindung mit der günstigen Marathon-Wetterprognose ein Marathon-Highlight mit spitzensportlichen Hochleistungen und ein Lauf-Spektakel in der deutschen Hauptstadt mit dem größten Teilnehmerfeld der Veranstaltungsgeschichte.

© SCC Events / Petko Beier
Star des Berlin Marathon 2023 ist der vierfache Sieger Eliud Kipchoge, der nach seinem ausbleibenden Triumph beim Boston Marathon im Frühjahr, wo er nur in einer Zeit von 2:09:23 Stunden ins Ziel kam – beides ist eine ungewohnte Seltenheit in der Karriere des besten Marathonläufers der Welt – seinen fünften Erfolg auf seiner Weltrekordstrecke anstrebt. Über die Weltrekordzeit wurden im Vorfeld für Berliner Verhältnisse wenig Worte verloren, viel mehr könnte Kipchoge in einen spannenden Zweikampf um den Sieg involviert sein. Denn mit seinem Landsmann Amos Kipruto hat er einen starken Gegner, allerdings tatsächlich in realistischen Vorhersageszenarien nur einen. Vielleicht ein Indiz, dass Kipchoge bei der Verteilung des Budget nicht ein kleines Stück zugesprochen bekommen hat.
Kipruto war bereits einmal Zweiter in Berlin, 2018 hinter Kipchoge. Aber seither ist der WM-Bronzemedaillengewinner von Doha 2019 ein Läufer anderer Klasse. Beim Tokio Marathon 2022 wurde er wieder Zweiter hinter seinem Landsmann, war aber dank einer neuen persönlichen Bestleistung von 2:03:13 Stunden rund eine halbe Minute dran am Superstar. Ein halbes Jahr später feierte er beim London Marathon den größten Triumph seiner bisherigen Laufbahn.
Mit dem neuen Selbstbewusstsein nimmt sich Kipruto für Sonntag auf der bekannt schnellen Marathonstrecke in Berlin eine persönliche Bestleistung vor. Gelingt dies, würde der 31-Jährige in den ganz engen Kreis der Marathon-Weltklasse aufsteigen. „Ich hatte eine fantastische Vorbereitung und ich weiß, das wird ein hartes Duell. Es ist immer aufregend, gegen Eliud zu laufen. Aber das motiviert mich“, sagte er der kenianischen Tageszeitung „The Standard“. Der Rest des Elitefeldes spielt nicht in der höchsten Liga, weist aber im Zeitenbereich von 2:05 Stunden eine breite Dichte auf. In dieser Gruppe befindet sich unter anderem der ehemalige Weltmeister Ghirmay Ghebreslassie.

Amanal Petros jagt eigenen Rekord
Große Ambitionen beim Berlin Marathon hat der deutsche Marathonrekordhalter Amanal Petros, der das Olympia-Limit bereits in der Tasche hat. Diese, seine beim Valencia Marathon 2022 aufgestellte Bestleistung von 2:06:27 Stunden, nimmt der 28-Jährige am Sonntag ins Visier. Über drei Monate lang trainierte er in Kenia und unterbrach dieses Trainingslager lediglich kurz für einen 10.000m-Wettkampf in Brüssel anfangs des Monats, ehe er zurück nach Iten kehrte, um am finalen Schliff für den Marathon zu arbeiten. „Ich habe alles getan, was möglich ist. Ich habe in derselben internationalen Gruppe trainiert wie sonst, aber mein Training war etwas anders als zuvor“ erzählte er in einem Interview, welches auf der Website des Deutschen Leichtathletik-Verbandes (DLV) veröffentlicht wurde. Insgesamt habe er mehr intensive Einheiten absolviert als in früheren Marathon-Vorbereitungen. „Ich bin heute noch fokussierter als früher. Es gibt keine Ablenkungen und nur ganz wenige Wettkämpfe. Ich verzichte auf vieles und der finanzielle Einsatz ist hoch“, schildert er und setzt Hoffnungen auf sein neues Schuhmodell von adidas, das er fast exklusiv im Rennen tragen darf.
Knapp sechs Monate nach seinem ersten Marathon auf deutschen Boden, den er in Hannover auch gleich in einer guten Zeit von 2:07:02 Stunden gewann, ist Petros bereit, Risiko zu gehen und kündigte beim heutigen Pressetermin eine Halbmarathon-Durchgangszeit von rund 1:02 Stunden an, mit der nötigen Flexiblität. Nach der krankheitsbedingten Absage von Simon Boch sind Hendrick Pfeiffer und Samuel Fitwi die beiden weiteren deutschen Topläufer, die sich dem Olympia-Limit von 2:08:10 Stunden nähern wollen. Der Schweizer Rekordhalter Tadesse Abraham ist wie Petros bereits für die Olympischen Spiele qualifiziert und visiert in Berlin seinen zweiten Topmarathon des Jahres nach jenem in Barcelona (2:06:43) an. Der 41-Jährige bereitete sich in der Höhe St. Moritz und im kenianischen Hochland auf diese Herausforderung vor.
Spitze des Elitefelds der Männer des BMW Berlin Marathon 2024
- Eliud Kipchoge (KEN) – PB: 2:01:09 Stunden (Weltrekord)
- Amos Kipruto (KEN) – PB: 2:03:13 Stunden
- Jonathan Maiyo (KEN) – PB: 2:04:56 Stunden
- Eliud Kiptanui (KEN) – PB: 2:05:21 Stunden
- Ghirmay Ghebreslassie (ERI) – PB: 2:05:34 Stunden
- Ronald Korir (KEN) – PB: 2:05:37 Stunden
- Tadu Abate (ETH) – PB: 2:05:38 Stunden
- Philemon Kiplimo (KEN) – PB: 2:05:44 Stunden
- Enock Onchari (KEN) – PB: 2:05:47 Stunden
- Mark Korir (KEN) – 2:05:49 Stunden
- Andualem Shiferaw (ETH) – PB: 2:05:52 Stunden
- Haftu Teklu (ETH) – PB: 2:05:53 Stunden
- Amanal Petros (GER) – PB: 2:06:27 Stunden (deutscher Rekord)
- Joshpat Boit (KEN) – PB: 2:06:34 Stunden
- Tadesse Abraham (SUI) – PB: 2:06:38 Stunden (Schweizer Rekord)
Mission Titelverteidigung mit innovativem Material unter den Füßen
Zusätzlich motiviert durch ihre brandneuen und ultraleichten adidas-Racer (siehe RunAustria-Artikel) geht Tigist Assefa die Mission Titelverteidigung an, nachdem sie im vergangenen Jahr aus heiterem Himmel für eine Sportsensation gesorgt hatte. In einer Zeit von 2:15:37 Stunden pulverisierte sie ihre davor gültige Marathon-Bestleistung um 18 Minuten und markierte einen äthiopischen Rekord, der gut zwei Monate Bestand hatte. „Ich freue mich, wieder in Berlin zu laufen. Ich denke, ich kann am Sonntag noch schneller laufen als im vergangenen Jahr“, meint die 26-Jährige. „Eine Steigerung wäre ein Erfolg.“ Auf die obligatorische Berlin-Frage, die üblicherweise bei der Pressekonferenz mit den Männern gestellt wird, verneinte sie Weltrekord-Ambitionen. Aber es könne viel passieren und sie wisse die Halbmarathon-Durchgangszeit noch nicht. Einen Frauen-Weltrekord gab es in Berlin in den letzten 20 Jahren nicht.
Zwar fehlt dem Elitefeld der Frauen ein Zugpferd an Persönlichkeit wie dem Männerrennen, aber wer wäre mit Eliud Kipchoge vergleichbar? Dafür ist das Frauenfeld in der Dichte an der Spitze wesentlich stärker aufgestellt als das Männerfeld und daher wird das Unternehmen back-to-back-Sieg für die Äthiopierin ein schwieriges. Sheila Chepkurui ist zwar schon 32 Jahre alt, trotz einer Bestleistung von 2:17:29 Stunden (Valencia 2022) ist sie im Marathon noch unerfahren und kündigt in ihrem dritten Marathon einen neuen „Hausrekord“ an. Sie könne sich eine Marathon-Hälfte in 1:08 Stunden gut vorstellen, sagte sie gestern. Tolle Erfahrungen mit Berlin machten im vergangenen Jahr die beiden Äthiopierinnen Tigist Abayechew und Workenesh Edesa, die als Dritte und Vierte persönliche Bestleistungen von 2:18:03 und 2:18:51 Stunden erzielten.

Niiya greift japanischen Rekord an
Die Hoffnungen auf ein richtig schnelles Rennen werden auch genährt von der Wetterprognose, die für die Vormittagsstunden rund um den Start ganz niedrige zweistellige Temperaturen vorsieht, die bis zur Mittagszeit recht langsam steigen. Das ist nicht nur an der Spitze auf der Jagd nach einem eventuellen Streckenrekord bedeutend, sondern auch für die Ambitionen im Feld jener Eliteläuferinnen, die hohen individuellen Zielen nachjagen, wie etwa dem Olympia-Limit für Paris (2:26:50). Hitomi Niiya macht Jagd auf den 18 Jahre alten japanischen Landesrekord der damaligen Berlin-Siegerin Mizuki Noguchi, der nur zwölf Sekunden unterhalb ihrer persönlichen Bestleistung bei einer Zeit von 2:19:12 Stunden liegt. Die Schweizerin Fabienne Schlumpf nimmt nach einer schwierigen Zeit das Olympia-Limit ins Visier. Mit Polizei-Europameisterin Fabienne Vonlanthen ist eine zweite Schweizerin am Start, die in ihrem zweiten Marathon eine deutliche Verbesserung ihrer Bestleistung von 2:41:30 Stunden anstrebt. Eine der stärksten Europäerinnen im Rennen ist die Britin Charlotte Purdue, die sich mit einer guten Halbmarathon-Leistung von 1:09:36 Stunden bei nicht einfachen Bedingungen beim Great North Run zwei Wochen vor dem Berlin Marathon gut präsentierte.
Starke heimische Besetzung
Bestens besetzt ist auch die Gruppe der deutschen Eliteläuferinnen, die vollen Fokus auf die Olympia-Qualifikation legen wollen, für die ein simples Unterbieten des Limits aufgrund der hohen Dichte im Team der Europameisterinnen von München 2022 nicht reichen wird. In Berlin sind Deborah Schöneborn, die im Vorfeld den Halbmarathon bei Kärnten Läuft gewonnen hat, Domenika Mayer, im Frühjahr Zweite beim Linz Marathon, Rabea Schöneborn, Kristiina Hendel und Laura Hottenrott, die für ihre Olympia-Ambitionen in diesem Jahr den Jungfrau Marathon als Höhepunkt ihrer Berglauf-Leidenschaft im Sommer sausen ließ, am Start. Aus der Gruppe herausgefallen ist Miriam Dattke, die ihren geplanten Start in Berlin aufgrund einer Krankheit kurzfristig absagen musste.
Beim gestrigen Pressetermin kündigte Deborah Schöneborn, die beim Sevilla Marathon im Februar eine Bestleistung von 2:25:52 Stunden aufgestellt hat, an, Richtung 2:25 Stunden anlaufen zu wollen. Ihre Schwester dagegen hat das Olympia-Limit noch nicht in der Tasche, wodurch diese die Orientierung für ihre Renngestaltung in ihrem ersten Marathon seit über einem Jahr sein soll. Die beiden Zwillingsschwestern trainieren wie seit kurzem auch Amanal Petros im Marathon Team Berlin, dem Team des SCC.

Spitze des Elitefelds der Frauen des BMW Berlin Marathon 2024
- Tigist Assefa (ETH) – PB: 2:15:37 Stunden (Vorjahressiegerin)
- Sheila Chepkirui (KEN) – PB: 2:17:29 Stunden
- Tigist Abayechew (ETH) – PB: 2:18:03 Stunden
- Workenesh Edesa (ETH) – PB: 2:18:51 Stunden
- Hiwot Gebrekidan (ETH) – PB: 2:19:10 Stunden
- Hitomi Niiya (JPN) – PB: 2:19:24 Stunden
- Zeineba Yimer (ETH) – PB: 2:19:28 Stunden
- Etagegn Woldu (ETH) – PB: 2:20:03 Stunden
- Gutemi Imana (ETH) – PB: 2:20:11 Stunden
- Delvine Meringor (ROM) – PB: 2:20:49 Stunden
- Helen Tola (ETH) – PB: 2:21:11 Stunden
- Fikre Wereta (ETH) – PB: 2:22:50 Stunden
- Charlotte Purdue (GBR) – PB: 2:23:26 Stunden
- Senbere Teferi (ETH) – PB: 2:24:11 Stunden
- Fabienne Schlumpf (SUI) – PB: 2:26:14 Stunden (Schweizer Rekord)
Neuer TV-Partner beim Rekordevent
Über 45.000 Anmeldungen von Teilnehmerinnen und Teilnehmern mit rund 150 unterschiedlichen Nationalitäten, der DLV schrieb von knapp 48.000 Anmeldungen mit 156 unterschiedlichen Nationalitäten, gingen für die 49. Auflage des BMW Berlin Marathon ein, damit geht am Sonntag in der deutschen Hauptstadt eines der größten Läuferfeste des Jahres in Europa über die Bühne. Übertragen wird der Berlin Marathon erstmals auf dem paneuropäischen TV-Sender Eurosport, wodurch der kostenlose Livestream auf der Veranstaltungswebsite wegfällt. Bis inklusive 2022 übertrug die ARD die wichtigste Breitensportveranstaltung Deutschlands live, argumentierte aber im Frühjahr zum Ärgernis vieler in der Laufszene, der Berlin Marathon sei „zu regional“ für eine bundesweite Ausstrahlung. Außerdem war zu lesen, die Einschaltquoten wären trotz des Weltrekordlaufs von Eliud Kipchoge zu gering für die Erwartungen des deutschen Rundfunksenders gewesen.
Jürgen Lock, Geschäftsführer der SCC Events, betonte bei einem gestrigen Pressetermin in Deutschland, dass der Teilnehmerrekord den Berlin Marathon zur größten Veranstaltung in Berlin überhaupt mache, die einhergeht mit einer direkten und indirekten Wertschöpfung von rund 380 Millionen. Lock bedankte sich im Vorfeld für die tatkräftige Mithilfe und Unterstützung durch die Stadtbevölkerung. Die Berliner Polizei ist als Partner des Veranstalters wachsam, um einen reibungslosen Ablauf des Events auch bei etwaigen Störaktionen zu gewährleisten.