Sydney Marathon: El Goumris Sieg für die Heimat
Mit Othmane El Goumri steht erstmals ein marokkanischer Läufer an der Spitze des Sydney Marathon. Der 31-Jährige widmet den größten Triumph seiner Karriere den Opfern der Erdbeben in seiner Heimat. Bei sommerlichen Temperaturen im australischen Winter gewann Betsy Saina das Duell um den Sieg gegen Rahma Tusa.

© Patty Jansen / Pixabay
Um ein Haar hätte Othmane El Goumri seinen Trip nach Australien wegen des verheerenden Erdbebens vor rund einer Woche abgesagt, weil auch Bekannte von dem tragischen Naturereignis, welches rund 2.800 Todesopfer verursachte, betroffen waren, berichtete der „Sydney Morning Herald“ und berief sich auf ein übersetztes Interview im Rahmen des gestrigen Marathons. Kein Wunder, dass der Marokkaner, der völlig erschöpft das Ziel erreichte, und sich erst einmal auf den Rücken fallen ließ, diesen Erfolg seinen Landsleuten widmete, insbesondere jenen, die gerade eine sehr schwere Zeit durchleiden.
Alleingang ab Kilometer 30
Die emotional schwierige Reise hat sich sportlich ausgezahlt: Der 31-jährige Rekordhalter seines Landes (2:05:12 als Zweiter beim Barcelona Marathon 2023) feierte seinen zweiten Marathonsieg nach jenem in Dublin 2019 und damit den wichtigsten seiner Karriere. El Goumri, im Vorjahr Vierter beim Linz Marathon, gehört seit einigen Jahren zur erweiterten Weltelite, wie auch Rang neun bei den Olympischen Spielen 2021 in Tokio und Rang zwölf bei den Weltmeisterschaften von Oregon 2022 unterstreichen.
In Sydney setzte sich der Marokkaner kurz nach der Zwischenzeit bei Kilometer 30 vom Favoriten des Rennens, Gabriel Geay aus Tansania, ab und übernahm allein die Führung. Während Geay seine Pace nicht mehr halten konnte, bald den zweiten Platz an Laban Korir verlor und später ausstieg, hielt El Goumri bei den schwierigen Bedingungen in Australien seine Pace und finishte in einer Zeit von 2:08:20 Stunden. In den letzten Phasen des Rennens bekam er schlecht Luft, sagte er später. Der schwierige Kurs in Sydney und die hohen Temperaturen hatten ihren Tribut gezollt. Korir (2:08:43) und der Äthiopier Getaneh Molla (2:11:22), der in seiner Karriere bereits unter 2:04 Stunden gelaufen ist, komplettierten das Stockerl.
Othmane El Goumris 5km-Teilzeiten: 15:03 / 15:01 / 15:06 / 15:26 / 15:14 / 15:05 / 15:12 / 15:27 / 6:42 (2,195 km) Minuten
Titelverteidiger Mosinet Kibet aus Kenia finishte als Fünfter, seinen Streckenrekord konnte El Goumri ihm nicht entreißen. Bester Australier war der nationale Rekordhalter Brett Robinson, der sich in einer Zeit von 2:23:05 Stunden gerade einmal eine halbe Minute vor Dean Menzies ins Ziel rettete. Robinson, zuletzt von leichten Verletzungen etwas ausgebremst, wurde von Kilometer zu Kilometer langsamer und verlor im letzten Drittel rund eine halbe Minute pro Kilometer auf den Sieger.
Brett Robinsons 5km-Teilzeiten: 15:33 / 16:04 / 16:08 / 16:55 / 17:19 / 17:39 / 17:39 / 17:50 / 7:58 (2,195 km) Minuten
Saina im Finale besser als Tusa
Noch konservativer als bei den Männern ging die Spitze der Frauen das Rennen an. Die Halbmarathon-Durchgangszeit von 1:14:23 Stunden machte früh jegliche Hoffnungen auf einen Streckenrekord zunichte, zumal sich das Rennen in seiner langsamsten Phase befand. Die Zwischenzeit bei Kilometer 30 lautete 1:46:22 Stunden. Erst dann kam durch die Attacke von Betsy Saina und Rahma Tusa etwas Schwung in den Wettkampf. Die beiden setzten sich vom Rest der Topgruppe ab und erarbeiteten sich einen Vorsprung von knapp einer Minute auf Angela Tanui, als noch fünf Kilometer auf dem Programm standen. Die Entscheidung im Duell um den Sieg fiel rund drei Kilometer vor der Ziellinie vor der weltberühmten Oper von Sydney. Saina setzte sich von ihrer Rivalin ab, doch Tusa verringerte den Abstand zwischenzeitlich noch einmal, so dass die Lücke wenige Sekunden klein blieb.
Betsy Sainas 5km-Teilzeiten: 17:23 / 17:35 / 17:50 / 17:58 / 17:52 / 17:54 / 16:27 / 16:41 / 7:17 (2,195 km) Minuten
Saina ließ sich die Butter aber nicht mehr vom Brot nehmen. In einer Zeit von 2:26:47 Stunden rettete sie sechs Sekunden Vorsprung auf die seit wenigen Tagen 30-jährige Äthiopierin, die dreimal den Rom Marathon gewinnen hat. Die 35-jährige Amerikanerin, die in Kenia geboren ist, seit langer Zeit in den USA lebt und seit zweieinhalb Jahren auch für ihre Wahlheimat startberechtigt ist, feierte in ihrem sechsten Antreten im Marathon den zweiten Sieg nach jenem beim Paris Marathon 2018. Davor gehörte Saina zur Weltklasse auf den Langstrecken auf der Bahn, u.a. belegte sie bei den Olympischen Spielen von Rio 2016 den fünften Platz im 10.000m-Lauf. Ihre Marathon-Laufbahn unterbrach sie für eine Babypause, im Frühjahr lief sie als Mutter in Tokio ihren bisher schnellsten, als sie in 2:21:40 Stunden Fünfte war.
Diver bei Comeback australische Meisterin
Platz drei sicherte sich Gladys Chesir, die ihre Landsfrau Tanui noch überholte und um zwölf Sekunden distanzierte. Australische Meisterin wurde die australische Rekordhalterin Sinead Diver, die in einer Zeit von 2:31:27 Stunden auf dem achten Platz ins Ziel kam. Damit war die zuletzt mit Verletzungen kämpfende 46-Jährige in einem leistungsstarken Elitefeld besser als Vize-Weltmeisterin Judith Korir aus Kenia, die nicht über Position zehn hinauskam.
Sinead Divers 5km-Teilzeiten: 17:29 / 17:31 / 17:40 / 18:19 / 17:54 / 18:09 / 18:28 / 18:07 / 7:50 (2,195 km) Minuten
Schwierige Bedingungen
Wettertechnisch stand der Sydney Marathon 2023 unter keinem guten Stern. Zwar lichteten sich die Rauchschwaden naher Buschbrände rechtzeitig vor dem Lauf-Wochenende, womit die Luftqualität in der australischen Metropole sich wie prognostiziert verbesserte. Allerdings kletterten die Temperaturen im Spätwinter der südlichen Hemisphäre unüblich gnadenlos nach oben und erreichten am gestrigen Sonntag in Sydney bis zu 32°C am Nachmittag. Von diesen Hitze-Bedingungen war auch der Marathon am Morgen betroffen, als das Quecksilber die Temperaturen-Marke von 20°C bereits überschritten hatte. Trotz aller Vorsichtsmahnungen im Vorfeld setzten die Bedingungen insbesondere den rund 17.000 angemeldeten Marathonläuferinnen und Marathonläufern zu. Wie die britische Tageszeitung „The Guardian“ in Berufung auf den lokalen Gesundheitssprecher berichtete, mussten rund 40 Aktive ärztlich behandelt werden, 26 im Krankenhaus, wovon sieben in seriösem Zustand.
Im Auge der Beobachter
Auswirkungen der schwierigen Verhältnisse waren auch „langsamere“ Eliterennen als vom World-Marathon-Major-Kandidat vielleicht erwartet. Der Sydney Marathon würde allzu gerne 2025 in den Kreis der selbsternannten Top-Marathons der Welt aufsteigen. Über den Fortschritt der dreijährigen Bewerbungszeit informierten sich alle Renndirektoren der sechs World Marathon Majors aus Tokio, Boston, London, Berlin, Chicago und New York höchstpersönlich, in dem sie auf den fünften Kontinenten reisten und den Event von vor Ort beobachteten.
Mit 17.000 Anmeldungen alleine für den Marathon und rund 42.000 für das gesamte Lauf-Wochenende ist der Sydney Marathon 2023 die größte Laufveranstaltung und der mit Abstand teilnehmerstärkste Marathonlauf der Geschichte Australiens. Mit über 13.000 Marathon-Finisherinnen und -Finisher übertraf die Veranstaltung allerdings nicht das eine von 104 Kriterien für eine Aufnahme in die World Marathon Majors, nämlich 15.000 im Marathonziel.
Ergebnisse Sydney Marathon 2023
Männer
- Othmane El Goumri (KEN) 2:08:20 Stunden
- Laban Korir (KEN) 2:08:43 Stunden
- Gentaneh Molla (ETH) 2:11:22 Stunden
- Limenih Getachew (ETH) 2:12:34 Stunden
- Moses Kibet (KEN) 2:13:28 Stunden
- Jonathan Korir (KEN) 2:15:02 Stunden
- Elkanah Langat (KEN) 2:20:15 Stunden
- Brett Robinson (AUS) 2:23:05 Stunden
- Dean Menzies (AUS) 2:23:35 Stunden
- Thomas Do Canto (AUS) 2:24:27 Stunden
Frauen
- Betsy Saina (USA) 2:26:47 Stunden
- Rahma Tusa (ETH) 2:26:53 Stunden
- Gladys Chesir (KEN) 2:28:41 Stunden
- Angela Tanui (KEN) 2:28:53 Stunden
- Bekelech Gudeta (ETH) 2:29:13 Stunden
- Antonina Kwambai (KEN) 2:29:33 Stunden
- Haven Hailu (ETH) 2:30:45 Stunden
- Sinead Diver (AUS) 2:31:27 Stunden
- Sintayehu Tilahun (ETH) 2:34:31 Stunden
- Judith Korir (KEN) 2:34:46 Stunden