Erster großer Sieg für Bol nach Freispruch

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Im Winter war Peter Bol Hauptdarsteller in einer Story, die er lieber nicht erleben hätte wollen. Eine positive A-Probe stellte ihn aufs Abstellgleis, höchst emotional bat der Australier die Öffentlichkeit, ihm Glauben zu schenken, nie betrogen zu haben und bot sich sogar an, den Lügendetektortest zu absolvieren. Zuerst äußerten norwegische Wissenschaftler Zweifel an den Verfahrensmethoden, die zu positiven EPO-Proben führen, dann bestätigte die Analyse der B-Probe nicht die Ergebnisse der A-Probe. Die australische Anti-Doping-Behörde Sports Integrity Unit hob die Suspendierung Bols auf. Dieser beklagte die fehlende Sensibilität in der Kommunikation und seinen beschädigten Ruf, nahm sich in Absprache mit seinem Coach viel Zeit, um das sportliche Comeback vorzubereiten.

Sieg im Duell mit Tual

Anfang Juni kehrte er in Frankreich auf die Wettkampf-Bühne vor, in Pfungstadt gewann der Olympia-Vierte von Tokio seinen ersten, kleineren Wettkampf. Zuletzt schrammte er in Barcelona in einer Zeit von 1:44,29 Minuten knapp am Sieg vorbei und musste miterleben, wie sein Trainingspartner Joseph Deng, der eine ähnliche Fluchtgeschichte aus dem Sudan hat wie Bol, ihm in Lyon überraschend den australischen Rekord abjagte und ihn auf eine Zeit von 1:43,99 Minuten stellte. Die beiden Ozeanier, die ihre sportliche Jugend nicht gemeinsam verbrachten – Bol in Perth, Deng in Ipswich, aber seit einigen Jahren gemeinsam in Melbourne unter Justin Rinaldi trainieren, waren die Favoriten beim World Athletics Continental Tour Meeting der obersten Stufe Gold in Szekesfehervar. Doch nur Bol wurde dieser Rolle gerecht, während Deng abgeschlagener Siebter wurde. Der Franzose Gabriel Tual bog als Erster auf die letzten 100 Meter und hatte einen merklichen Vorsprung auf Bol. In einem spannenden Spurt, Schulter an Schulter, entschied der Australier das Duell auf den letzten Metern knapp zu seinen Gunsten: 1:44,48 zu 1:44,55 Minuten. Dritter wurde, wie schon bei den US-Trials, Clayton Murphy, der heuer schon Wettkämpfe auf vier verschiedenen Kontinenten absolviert hat. Isaiah Jewett wurde, ebenfalls wie bei den Trials, Vierter, dahinter folgten mit Daniel Huller und Balazs Vindics die besten Ungarn.

Kenianische Talente mit Doppelsieg

Im 1.500m-Lauf zeigte die frisch gebackene Siegerin der kenianischen Trials, wohlgemerkt in Abwesenheit von Weltrekordhalterin Faith Kipyegon, Nelly Chepchirchir ihre Klasse. Sie ging als Führende in die entscheidende Rennphase und zog durch. In einer Zeit von 4:00,18 Minuten, der drittschnellsten ihrer Karriere, unterbot sie den Meetingrekord ihrer Landsfrau Nancy Chepkwemoi aus dem Jahr 2015 um über vier Sekunden. Die 20-jährige Kenianerin verpasste bei den letztjährigen Junioren-Weltmeisterschaften in Cali als Vierte im 800m-Lauf nur knapp eine Medaille, ihren internationalen Durchbruch hat sie aber heuer geschafft. In fünf 1.500m-Läufen, ausschließlich bei bekannten Meetings, landete sie immer unter den Top-Zwei.

Bei den kenianischen Trials hatte Brenda Chebet, Junioren-Vize-Weltmeisterin im 1.500m-Lauf 2022, noch über drei Sekunden Rückstand auf Chepchirchir, in Szekesfehervar war es lediglich gut eine Sekunde. In 4:01,25 Minuten gelang der 19-Jährigen eine persönliche Bestleistung, Winnie Nanyondo aus Uganda folgte auf Platz drei. Beste Europäerin war die Spanierin Marta Perez als Vierte, dahinter folgte die neue jamaikanische Meisterin Adelle Tracey.

Bebendorf nach Pfeifferschem Drüsenfieber im Winter erstmals unter 8:20

Der Sieg im 3.000m-Hindernislauf ging an den Marokkaner Mohamed Tindouft, der sich in einer Zeit von 8:15,73 Minuten knapp vor den Nachwuchsläufern Samuel Firewu aus Äthiopien und Leonard Chemutai aus Uganda durchsetzten konnte. Hinter dem Kanadier Jean-Simon Desgagnés wurde Karl Bebendorf als bester Europäer Fünfter und steigerte seine persönliche Bestleistung um knapp eine Sekunde auf eine Zeit von 8:19,59 Minuten. Damit erzielte der 27-Jährige bereits seine zweite Top-Platzierung in der World Athletics Continental Tour Gold nach Platz drei in Turku, woher seine bisherige Bestleistung stammte.

Der Deutsche, der sich demnach in der Form seines Lebens befindet, kann längst auch ohne dieses starke Resultat für die Weltmeisterschaften in Budapest planen. Denn nur 14 Athleten haben ihren Startplatz dank des unterbotenen Limits von 8:15,00 Minuten mit Stand letzter Woche sicher, 36 Startplätze sind im WM-Vorlauf allerdings vorgesehen. Nach seinem deutschen Meistertitel liegt Bebendorf auf Platz fünf der Auffüllplätze über die Weltrangliste und hat massig Vorsprung auf den Schleudersitz, zumal das Abschneiden in Szekesfehervar eine leichte Verbesserung zu den bei den deutschen Meisterschaften gewonnen Punkte bedeuten wird. Dass Bebendorf so gut in Schuss ist, wäre aus der Perspektive von vor einem halben Jahr eine Überraschung. Denn während er im Jänner im Trainingslager in Kenia weilte, erkrankte er. Die Diagnose nach der Rückkehr in die Heimat: Pfeiffersches Drüsenfieber. Eine mentale Herausforderung, wie Bebendorf in einem Interview mit der Sächsischen Zeitung Anfang Juni verriet. Umso erstaunlicher, wie gut der 27-Jährige auf Anhieb in die Saison kam und nun praktisch fix mit der WM-Teilnahme in Budapest planen kann.

In die Top Ten kamen in Szekesfehervar mit Jens Mergenthaler und Velten Schneider noch zwei Deutsche, die jeweils nur knapp hinter ihren persönlichen Bestleistungen, erzielt bei den Deutschen Meisterschaften, blieben. Beide liegen in der Weltrangliste nur knapp hinter der Marke, die gegenwärtig für eine WM-Teilnahme reicht – beide werden sich aber mit den Leistungen in Szekesfehervar nicht verbessern können, weil es für die Positionen neun und zehn keine Zusatzpunkte für die Platzierung mehr gibt.

Ergebnisse Gyulai Istvan Memorial in Szekesfehervar

800m-Lauf der Männer

  1. Peter Bol (AUS) 1:44,48 Minuten
  2. Gabriel Tual (FRA) 1:44,55 Minuten
  3. Clayton Murphy (USA) 1:45,53 Minuten
  4. Isaiah Jewett (USA) 1:46,08 Minuten
  5. Daniel Huller (HUN) 1:46,11 Minuten
  6. Balazs Vindics (HUN) 1:46,20 Minuten
  7. Joseph Deng (AUS) 1:47,19 Minuten
  8. Istvan Szögi (HUN) 1:48,45 Minuten

1.500m-Lauf der Frauen

  1. Nelly Chepchirchir (KEN) 4:00,18 Minuten *
  2. Brenda Chebet (KEN) 4:01,25 Minuten
  3. Winnie Nanyondo (UGA) 4:01,96 Minuten
  4. Marta Perez (ESP) 4:02,35 Minuten
  5. Adelle Tracey (JAM) 4:02,61 Minuten
  6. Agueda Marques (ESP) 4:03,78 Minuten **
  7. Federica Del Buono (ITA) 4:05,95 Minuten
  8. Ksanet Alem (ETH) 4:06,16 Minuten **

3.000m-Hindernislauf der Männer

  1. Mohamed Tindouft (MAR) 8:15,73 Minuten
  2. Samuel Firewu (ETH) 8:16,40 Minuten **
  3. Leonard Chemutai (UGA) 8:17,14 Minuten **
  4. Jean-Simon Degegnés (CAN) 8:17,40 Minuten **
  5. Karl Bebendorf (GER) 8:19,59 Minuten **
  6. Geoffrey Kirwa (KEN) 8:22,54 Minuten **
  7. William Battershill (GBR) 8:24,37 Minuten
  8. Ben Buckingham (AUS) 8:25,07 Minuten
  9. Jens Mergenthaler (GER) 8:28,50 Minuten
  10. Velten Schneider (GER) 8:28,91 Minuten

* neuer Meetingrekord
** neue persönliche Bestleistung

Gyulai Istvan Memorial

World Athletics Continental Tour

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