Sebastian Frey bei U23-EM mit Medaillenchance

Die U23-EM in Finnland ist der zweite große Meisterschaftshöhepunkt der diesjährigen Freiluft-Saison nach den Team-Europameisterschaften im Juni. Mit dabei ist ein von Teamleiter Hannes Gruber angeführtes Rekordaufgebot des Österreichischen Leichtathletik-Verbandes (ÖLV) für diesen Anlass: 25 Athleten, davon elf weibliche und 14 männliche, haben die Reise in den Norden angetreten. Zu den beiden Medaillenhoffnungen gehört auch Langstreckenläufer Sebastian Frey.

© European Athletics

Die heimische Leichtathletik darf bei den Titelkämpfen im hohen Norden durchaus realistischerweise mit Edelmetall spekulieren. 400m-Hürdensprinterin Lena Pressler (Union St. Pölten) liegt im Ranking dieser Disziplin auf Rang drei, Sebastian Frey (DSG Wien) geht mit der drittbesten Saisonbestleistung aller Teilnehmer in den 10.000m-Lauf am Sonntagvormittag. Auch ansonsten strebt das ÖLV-Team, das um zehn Athletinnen und Athleten größer ist als das bisher größte U23-EM-Team aus dem Jahr 2015 – und das, obwohl zwei Athleten, darunter 10.000m-Läuferin Cordula Lassacher (ATUS Knittelfeld), aufgrund von Verletzungen ihre Qualifikation nicht wahrnehmen können, nach guten Platzierungen. Die Bewerbe finden vom Donnerstag bis Sonntag statt.

RunAustria-Tipp: Die U23-Europameisterschaften werden zur Gänze in einem in deutscher Sprache verfügbaren Livestream übertragen. Dieser Livestream ist auf der Website des ÖLV eingebettet. Den internationalen Feed in englischer Spraceh gibt es im Livestream von European Athletics.

Livestream in deutscher Sprache Livestream in englischer Sprache
Sebastian Frey bei seinem Staatsmeistertitel im 10.000m-Lauf 2022. © ÖLV / Alfred Nevsimal

Doppelstart für Frey

Der 21-jährige Wiener blickt angesichts der jüngsten Trainingsleistungen in seiner neuen Wahlheimat St. Moritz, wo er Teil des On Athletics Club Europe ist, optimistisch auf seinen Saison-Höhepunkt, wie der ÖLV informiert. Bevor der amtierende Staatsmeister über die längste Laufdistanz der Stadion-Leichtathletik geht, startet er zwei Tage zuvor im 5.000m-Lauf – obwohl dort keine Vorläufe anstehen, ein recht knackiges Programm für eine Zeitperiode von 48 Stunden. Der bisher einzige Wettkampf auf der kürzeren der beiden Langstrecken war ein Misserfolg. Ausgerechnet bei seinem Heimmeeting, der Track Night Vienna, wo er besonders im Schaufenster stand, misslang das Rennen mit einem sportlichen Einbruch. Mit seiner persönlichen Bestleistung aus dem Vorjahr liegt der Österreicher in einem Feld, in dem auch Gastgeber Finnland mit Eemil Helander auf eine Medaillenchance hofft, in der erweiterten Spitzengruppe. Die schnellsten Läufer laut Meldeliste sind der Brite Charlie Hicks und Abdullahi Dahir Rabi aus Norwegen.

Über die doppelte Distanz hat Frey heuer in London eine Zeit von 28:27,86 Minuten erreicht. Schneller waren von seinen Kontrahenten in diesem Kalenderjahr lediglich der Israeli Adisu Guadia und der Brite Rory Leonard. Dazu kommt der aus Somalia stammende Norweger Abdullahi Dahir Rabi mit der besten Vorleistung im Feld, allerdings aus dem Jahr 2022. Die Zeit von 28:11,71 Minuten, die er in Oslo erzielte, ist bis heute Junioren-Europarekord. Frey hält in der ÖLV-Vorschau den Ball flach und nennt Top-Platzierungen als sein Ziel, nicht explizit eine Medaille. In seinem Sportlerleben hat sich in den letzten Monaten viel geändert, der Aufnahme in den On Athletics Europe Club folgten der Umzug in die Schweiz, die intensive Zusammenarbeit mit dem neuen Trainer Thomas Dreißigacker und viele Trainingseinheiten und Trainingslager. Die Wettkampfleistungen waren durchwachsen, bei der U23-EM sollten die ersten Früchte des neuen Arbeitsumfelds zu ernten sein.

Caroline Bredlinger bei Aufwärmübungen. © ÖLV / Alfred Nevsimal

Bredlinger mit kniffliger Vorlauf-Aufgabe

Von den sechs Läuferinnen und Läufern, die den ÖLV in Espoo vertreten, hat Frey definitiv die besten Voraussetzungen für Spitzenplatzierungen. Richtung Finalteilnahme schielt Caroline Bredlinger (LT Bgld Eisenstadt), die auf er Meldeliste auf Rang elf von 20 liegt. Sie sieht in ihrer Leistungsentwicklung, die stetig nach oben führt, noch Potenzial, auch weil sie das Gefühl hat, den perfekten Lauf in dieser Saison noch nicht erlebt zu haben. Gleich am ersten Wettkampftag wäre ein günstiger Augenblick dafür, denn die Aufgabe für die 22-jährige Burgenländerin im ersten von zwei Vorläufen einen Top-Drei-Platz zu erlangen, ist eine schwierige. Mit der Spanierin Daniela Garcia ist eine klar stärkere Läuferin gemeldet, auch Lucia Sturm und Julia Cherot aus Deutschland bzw. Frankreich haben deutlich bessere Vorwerte als die Österreicherin. Außerdem sind noch drei Läuferinnen in ihrem bisherigen Leistungsspektrum angesiedelt. Gut für alle Ambitionierten, dass die Europameisterin der Allgemeinen Klasse, Keely Hodgkinson sich für den 400m-Sprint entschieden hat, wo die Herausforderung bei diesen Titelkämpfen für sie definitiv größer ist als sie es im 800m-Lauf gewesen wäre.

Programm der Laufbewerbe (mitteleuropäische Zeit)

  • Donnerstag, 13. Juli um 10:50 Uhr: 800m-Lauf der Frauen, Vorrunde (mit Caroline Bredlinger)
  • Donnerstag, 13. Juli um 11:20 Uhr: 1.500m-Lauf der Männer, Vorrunde (mit Marcel Tobler)
  • Donnerstag, 13. Juli um 18:30 Uhr: 3.000m-Hindernislauf der Frauen, Vorrunde (mit Lotte Seiler)
  • Donnerstag, 13. Juli um 19:35 Uhr: 5.000m-Lauf der Frauen, Finale (mit Carina Reicht)
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  • Freitag, 14. Juli um 10:30 Uhr: 5.000m-Lauf der Männer, Finale (mit Sebastian Frey)
  • Freitag, 14. Juli um 12:40 Uhr: 800m-Lauf der Männer, Vorrunde
  • Freitag, 14. Juli um 18:35 Uhr: 800m-Lauf der Frauen, Finale
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  • Samstag, 15. Juli um 09:20 Uhr: 3.000m-Hindernislauf der Männer, Vorrunde
  • Samstag, 15. Juli um 10:15 Uhr: 1.500m-Lauf der Frauen, Vorrunde
  • Samstag, 15. Juli um 16:05 Uhr: 3.000m-Hindernislauf der Frauen, Finale (ggf. mit Lotte Luise Seiler)
  • Samstag, 15. Juli um 16:25 Uhr: 1.500m-Lauf der Männer, Finale (ggf. mit Marcel Tobler)
  • Samstag, 15. Juli um 16:40 Uhr: 10.000m-Lauf der Frauen, Finale (mit Lisa Redlinger)
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  • Sonntag, 16. Juli um 09:50 Uhr: 10.000m-Lauf der Männer, Finale (mit Sebastian Frey)
  • Sonntag, 16. Juli um 16:15 Uhr: 3.000m-Hindernislauf der Männer, Finale
  • Sonntag, 16. Juli um 17:10 Uhr: 800m-Lauf der Männer, Finale
  • Sonntag, 16. Juli um 17:25 Uhr: 1.500m-Lauf der Frauen, Finale

Reicht mit Potenzial in starkem Feld

Im 5.000m-Lauf, bei dem nur das Finale auf dem Programm steht, liegt Carina Reicht (OMNi-BiOTiC-POWERTEAM) zwar im Schlussdrittel laut Vorleistungen. Allerdings hat ihre Performance beim Österreichischen Frauenlauf über 5 Kilometer gezeigt, dass ihr Leistungsniveau wesentlich höher ist – und daher scheint eine gute Platzierung realisierbar. Der Bewerb ist allerdings prächtig besetzt, mit Maria Forero aus Spanien und Megan Keith aus Großbritannien sind die beiden letzten U20-Europameisterinnen im Crosslauf am Start, dazu die Britin Eloise Walker mit der besten Vorleistung, zwei starke deutsche Läuferinnen mit Lisa Merkel und Blanka Dörfel sowie Finnlands Hoffnung Ilona Mononen.

Schwierig wird die Aufgabe in den heutigen Vorläufen über 1.500m für Marcel Tobler (ULC Riverside Mödling), denn der Großteil des Feldes ist im Gegensatz zu ihm bereits unter 3:40 Minuten gelaufen. Klarer Favorit auf die Goldmedaille ist der 21-jährige Brite Matthew Stonier. Die in den letzten Jahren öfters mit Verletzungen kämpfende Lotte Seiler (KSV alutechnik) nimmt zum zweiten Mal an U23-Europameisterschaften teil und kommt mit einer persönlichen Bestleistung im Gepäck nach Finnland. Die kontinentale Spitze in dieser Altersklasse spielt aber in einer anderen Liga. Greta Karinauskaite aus Litauen, Marta Serrano aus Spanien und die Deutsche Olivia Gürth sind bereits unter 9:30 Minuten gelaufen. Ein Finaleinzug der Österreicherin wäre eine Überraschung. Lisa Redlinger (TS Lustenau) feiert im 10.000m-Lauf ihr internationales Debüt für das österreichische Nationalteam und hat sich trotz der hohen Belastungen im US-College-System der letzten Monate eine Verbesserung ihrer persönlichen Bestleistung auf eine Zeit unter 35 Minuten vorgenommen. Die Deutsche Emma Heckel ist auf der längsten Laufdistanz bei den Frauen eine Titelanwärterin.

Marcel Tobler gewinnt den 800m-Lauf bei den österreichischen U23-Meisterschaften. © ÖLV / Alfred Nevsimal

Starkes 800m-Feld bei den Männern

Nur drei Laufdisziplinen gehen ohne österreichische Beteiligung über die Bühne. Die einzige bei den Frauen ist der 1.500m-Lauf, der mit der Irin Sarah Healy eine haushohe Favoritin auf die Goldmedaille vorsieht. Spannend könnte die Entscheidung im 800m-Lauf der Männer sein, denn gleich elf EM-Teilnehmer sind bereits unter 1:46 Minuten gelaufen, zehn davon im Jahr 2023. Eine der Aufsteiger der europäischen 800m-Saison ist der 21-jährige Franzose Yanis Meziane. Ethan Hussey lief bei der Junioren-WM im Vorjahr auf das Stockerl und könnte sich in Espoo zum U23-Europameister krönen. Auch der Pole Kacper Lewalski trägt seit einigen Jahren etliche Vorschlusslorbeeren mit sich, ein Außenseiter ist der frisch gebackene norwegische Meister der Allgemeinen Klasse, Ole Jakob Solbu, der noch keine 20 Jahre alt ist. Den 3.000m-Hindernislauf führt der Portugiese Etson Barros an.

Das Leppävaara Stadion in Espoo. © ÖLV / Coen Schilderman

Finnland drittes Mal Gastgeber

Die U23-Europameisterschaften gehen zum 14. Mal über die Bühne. Bereits zum dritten Mal nach der Premiere 1997 in Turku und den Titelkämpfen 2013 in Tampere ist der finnische Verband Gastgeber, zum bereits fünften Mal finden die U23-Europameisterschaften in Skandinavien statt, wo mit der norwegischen Stadt Bergen auch der kommende Gastgeber beheimatet ist. Espoo ist mittlerweile die zweitgrößte Stadt Finnlands hinter der Hauptstadt Helsinki, liegt gleichzeitig in der Agglomeration der Hauptstadt, weshalb der rasche Bevölkerungszuwachs auf über 300.000 Einwohner erklärbar ist. Dass Espoo eine sportliche Stadt ist, zeigt ein Blick auf die berühmteste Söhne der Stadt. Auf dieser Liste finden sich etliche bekannte Eishockeyspieler und Formel-1-Weltmeister Kimi Räikkönen. Außerdem ist Espoo Firmenstandort des Telekommunikationsunternehmens Nokia.

Die Wettkampfstätte für die U23-Europameisterschaften ist das Leppävaara Stadion, das für diese Titelkämpfe ein Jahr lang renoviert wurde. Das Stadion bietet rund 3.000 Zuschauern Platz. Startberechtigt sind Athletinnen und Athleten der Jahrgänge 2001, 2002 und 2003. 1.152 Sportlerinnen und Sportler aus 40 europäischen Nationen haben sich gemeldet.

U23-Europameisterschaften 2023

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Österreichischer Leichtathletik-Verband

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