Klein übertrumpft Klosterhalfen
Aus dem Windschatten ihrer prominenteren Landsfrau Konstanze Klosterhalfen stürmte Hanna Klein in der Ataköy Athletics Arena von Istanbul mit einer überzeugenden letzten Runde zum größten Erfolg ihrer Karriere. Die 29-Jährige krönte damit eine starke Hallensaison und revanchierte sich für den anderen Ausgang dieses Duells bei den Deutschen Hallen-Meisterschaften zwei Wochen zuvor in Dortmund.

© ÖLV / Giancarlo Colombo
Für diese goldene Leistung lief Hanna Klein trotz eines ersten Kilometers, der nicht in einem Temporausch gestaltet wurde, eine persönliche Hallen-Bestleistung von 8:35,87 Minuten und jubelte zurecht über den bisher größten Erfolg ihrer Karriere. Das Risiko, das Tempo ihrer Landsfrau mitzugehen, hatte sich gelohnt, die Überlegenheit auf der Schlussrunde zugunsten Kleins ist aufgrund der Orientierung hin zu den längeren Distanzen bei Konstanze Klosterhalfen keine Überraschung. Die eigentliche Kandidatin für die Silbermedaille nach theoretischem deutschen Marschplan, insbesondere nach den deutschen Meisterschaften, zeigte sich nach dem Rennen etwas überrascht, dass die eigentliche Hauptfavoritin und amtierende Freiluft-Europameisterin im 5.000m-Lauf nicht gleich vom ersten Meter an mit Vollgas das Feld auseinander trieb. Erst als der erste Kilometer in 3:00,55 Minuten beinahe abgeschlossen war, zog die 26-Jährige an. „Ich habe mir gesagt: Lass keine Lücke entstehen, lauf mit!“, erzählte die Siegerin. Dass sie über den Stadionsprecher erfuhr, dass bald nur noch drei Läuferinnen in der Spitzengruppe weilten und die Medaille damit abgesichert war, habe sie gepuscht.
Klosterhalfen kann Enttäuschung nicht verbergen
„Wir hatten uns eigentlich überlegt, nicht alles von vorne zu laufen. Vielleicht hätte ich das besser machen sollen“, meinte Klosterhalfen nach dem Rennen in einem Statement auf der Website des Deutschen Leichtathletik-Verbandes (DLV). Auch wenn die Enttäuschung über die verpasste, erste Goldmedaille bei diesem Event, überwog, fand sie den Doppelsieg „cool“ und ein bisschen Freude kam auf. „Ich weiß, dass ich schon zufrieden sein muss, und ich freue mich für Hanna. Sie war hinten raus einfach superstark. Ich habe mich richtig stark gefühlt. Leider war das perfekte Rennen in dieser Hallensaison nicht dabei.“ Abschließend verriet der deutsche US-Export durchaus überraschend, sich im kommenden Sommer wieder verstärkt der Mittelstrecke widmen zu wollen – nachdem der Plan in den letzten Jahren mit ihrem Coach Pete Julian auf die langen Bahnstrecke inklusive des beeindruckenden Hallen-Debüts ausgerichtet war.
Erstes deutsches Gold seit 37 Jahren
Der deutsche Doppelerfolg im 3.000m-Lauf der Frauen war ein historisches Ereignis. Nie zuvor gingen bei Hallen-Europameisterschaften in dieser Disziplin Gold und Silber an dieselbe Nation. Zuletzt hatte Ines Bibernell-Obst im Jahr 1986 den Titel für die DDR geholt, zwei Jahre zuvor Brigitte Kraus für die BRD. Das Comeback der deutschen Läuferinnen in den Medaillenrängen hatte sich aber durch die Präsenz dieses Top-Duos angekündigt. Für Klein war es die zweite Medaille bei Hallen-Europameisterschaften nach Silber im 1.500m-Lauf im Jahr 2021, Klosterhalfen gewann in den Jahren 2017 (1.500m) und 2019 (3.000m) bereits zwei Silbermedaillen.
Ihre Tempoverschärfung führte zu einem zweiten Kilometer in knapp unter 2:50 Minuten. Früh trennte sich der vordere Teil des Feldes in zwei Gruppen: Das deutsche Duo mit Melissa Courtney-Bryant im Rücken, 30-40 Meter dahinter die Verfolgergruppe, zu der bald auch die türkische 10.000m-Europameisterin Yasemin Can nicht mehr gehörte. Die Lücke schloss sich nie mehr, auch weil das Tempo vorne hoch blieb. Als Klosterhalfen und Klein in die letzte Runde gingen, war die Waliserin bereits geschlagen. Klein attackierte auf der Gegengeraden und zog vorbei, ihre Landsfrau hatte keine Antwort mehr. Courtney-Bryant feierte Bronze fast wie Gold und war zu Tränen gerührt. Den Spurt aus der Verfolgergruppe um den unbeliebten vierten Platz gewann Nadia Battocletti vor Hannah Nuttall, die eine persönliche Bestleistung erzielte, und Maureen Koster, die viel Tempoarbeit investierte.
Ergebnis 3.000m-Lauf der Frauen, Hallen-EM 2023
Gold: Hanna Klein (Deutschland) 8:35,87 Minuten *
Silber: Konstanze Klosterhalfen (Deutschland) 8:36,50 Minuten
Bronze: Melissa Courtney-Bryant (Großbritannien) 8:41,19 Minuten
- Nadia Battocletti (Italien) 8:44,96 Minuten **
- Hanna Nuttall (Großbritannien) 8:46,30 Minuten *
- Maureen Koster (Niederlande) 8:47,17 Minuten **
- Marta Perez (Spanien) 8:49,19 Minuten
- Marusa Mismas-Zrimsek (Slowenien) 8:49,98 Minuten
- Ludovica Cavalli (Italien) 8:53,97 Minuten
- Marta Garcia (Spanien) 8:54,92 Minuten
- Agate Caune (Lettland) 8:56,88 Minuten *
- Camilla Richardsson (Finnland) 8:57,13 Minuten
- Emine Hatun Mechaal (Türkei) 9:22,12 Minuten
DNF Yasemin Can (Türkei)
DNF Mariana Machado (Portugal)
* neue persönliche Bestleistung
** neue Saisonbestleistung