Heimsiege für Hull und Hoare in Melbourne

Zum Auftakt der World Continental Tour Gold an einem sommerlichen Abend in Melbourne liefen die australischen Mittelstreckenstars ins Rampenlicht. Der Crosslauf-WM vergangenes Wochenende in Bathurst sei Dank waren die Starterfelder dem Anlass angemessen, spannende Wettkämpfe mit Erfolgen der heimischen Elite die Folge.

Die australische Mixed-Staffel bei der Crosslauf-WM. © Steve Christo for World Athletics

Der 1.500m-Lauf der Frauen hatte gleich mehrere spannende Geschichten zu bieten. So traten die beiden jungen Äthiopierinnen Medina Eisa und Welknat Wudu, die vergangenen Sommer bei den Junioren-Weltmeisterschaften in Cali einen Doppelsieg im 5.000m-Lauf gefeiert hatten, erstmals über diese für sie kurze Distanz an. Doch weder die Silbermedaillengewinnerin im Juniorinnenbewerb letztes Wochenende (siehe RunAustria-Bericht), Eisa (8.), noch die da elftplatzierte Wudu (6.) konnten in einem von der Taktik geprägten Rennen unter australischer Dominanz in die Spitze laufen.

So war am Ende jene Geschichte, die den Fans im Lakeside Stadium von Melbourne, direkt an der bekannten Rennstrecke im Albert Park gelegen, die liebste war, entscheidend für den Rennausgang. Noch am Samstag standen die mit einer starken Leistung glänzende Jessica Hull und Schlussläuferin Abbey Caldwell gemeinsam in der australischen Mixed-Staffel, die Bronze gewann (siehe RunAustria-Bericht). Dieses Mal waren die beiden Gegnerinnen in einem Rennen, das bereits die ersten 800 Meter lang nicht wirklich schnell war und danach noch einmal verlangsamt wurde. Die junge Caldwell, Medaillengewinnerin bei den Commonwealth Games 2022 über diese Distanz, übernahm nach dem Ausstieg der Tempomacherin Rochelle Kennedy die Führung, die australische Rekordhalterin Hull folgte ihr. Die 26-jährige WM-Siebte von Oregon 2022 zog auf der Gegengerade der letzten Runde in Führung, Caldwell versuchte ausgangs der letzten Kurve mit ihrem Kick zu kontern. Doch Hull widerstand innen und siegte in einer Zeit von 4:07,11 Minuten – für die Qualität des Feldes keine berauschende Zeit, sogar der Meetingrekord der Neuseeländerin Toni Hodgkinson aus dem Jahr 2000 (4:06,23) „überlebte“ überraschend.

Doch die Fans im mit ein paar Tausend Zuschauern gut besuchten, vor fast 150 Jahre erbauten, aber unlängst renovierten Lakeside Stadium sahen einen spannenden Wettkampf mit einer schnellen Schlussrunde von Hull unter einer Minute und einem australischen Dreifachsieg, den Georgia Griffith komplettierte. Dagegen blieb die mitfavorisierte Heather MacLean aus den USA mit Position vier unter den Erwartungen, einen Hauch hinter ihr lief die ehemalige 3.000m-Hindernislauf-Weltmeisterin Emma Coburn über die Ziellinie.

Favoritensieg für Hoare in der Sommerhitze

Zu Meetingstart zu angenehmer europäischer Vormittagszeit stand die Sonne noch über dem Himmel von Melbourne und 31°C. boten den Rahmen für die chronologisch erste Laufentscheidung des Abends, dem nach John Landy benannten Meilenrennen der Männer. Oliver Hoare, wie Hull und Caldwell Mitglied der Mixed-Staffel von Samstag, kontrollierte das Rennen vom ersten Meter weg und wurde seiner Favoritenrolle in einer Zeit von 3:52,24 Minuten, sieben Zehntelsekunden über dem 32 Jahre alten Meetingrekord von Simon Doyle, gerecht. Hinter dem in den USA lebenden Australier lief der junge Neuseeländer Sam Tanner in einer persönlichen Bestleistung von 3:53,83 Minuten zu Platz zwei. Die Aufsehen erregendste Geschichte dieses Rennens lieferte jedoch Cameron Myers. Der 16-jährige Australier verbesserte in einer Zeit von 3:55,44 Minuten den australischen U20-Rekord über die Meile von Michael Hillardt aus dem fernen Jahr 1980 um fast eineinhalb Sekunden. „Alleine bei einem solchen Meeting mit so vielen Zuschauern dabei sein zu dürfen, ist schon surreal“, meinte der Teenager nach dem Rennen. Nur ein Läufer in der Geschichte war laut der australischen Plattform Runners’Tribe.com bei seiner ersten sub-4-Mile jünger als Cameron Myers: ein gewisser Jakob Ingebrigtsen.

Apropos: Mike Hillardt, der ist in der österreichischen Leichtathletik natürlich bestens bekannt. Der Sohn eines Linzers, der nach Brisbane auswanderte und eine Australierin heiratete, hat auch eine österreichische Staatsbürgerschaft und war in aktiven Zeiten immer wieder im Heimatland seiner Familie väterlicherseits zu Gast, auch bei Wettkämpfen. Im Online-Archiv des ÖLV findet sich ein Porträt des Austro-Australiers aus dem Jahr 1987 mit dem Titel „The Austr(al)ian Speedy“.

Zurück in die Gegenwart: Fragezeichen hinterließ in Melbourne der Auftritt von Rio-Olympiasieger Matthew Centrowitz, dessen Ankündigung ohne Crosslauf-WM-Teilnahme die australische Freiluft-Saison bestreiten zu wollen, schon für Überraschung gesorgt hatte. Er finishte in einer Zeit von 4:06,52 Minuten nur auf Position elf. Sein erster Auftritt in Down Under vor knapp zwei Wochen in Adelaide war mit einer 1:56er Zeit über 800m nicht besser.

Afrikanische Erfolge in den 3.000m-Läufen

Ebenfalls unter die Top-Zwei lief der Vierte im Bunde der australischen Mixed-Staffel, Stewart McSweyn, der im 3.000m-Lauf unterwegs war. Den führte der nationale Rekordhalter lange an, doch es fehlte der Punch, in dieser bei mittlerweile Dunkelheit letzten Laufentscheidung des Tages den jungen Kenianer Ishmael Kipkurui abzuschütteln. Der 18-jährige, frisch gebackene Crosslauf-Weltmeister bei den Junioren siegte in einer Zeit von 7:41,38 Minuten mit drei Sekunden Vorsprung auf McSweyn und blieb auch fast vier Sekunden unter dem 23 Jahre alten Meetingrekord seines Landsmanns Luke Kipkosgei. Rang drei sicherte sich der Ugander Dan Kibet, der im Finale nicht mehr mit dem Top-Duo mithalten konnte, gerade noch vor dem australischen Hindernisläufer Ben Buckingham.

Das 3.000m-Rennen der Frauen dominierten zwei junge Afrikanerinnen: Senayet Getachew aus Äthiopien, frisch gebackene Junioren-Weltmeisterin im Crosslauf, setzte sich in einer Zeit von 8:46,54 Minuten, nur drei Sekunden über dem 22 Jahre alten Meetingrekord der Irin Sonia O’Sullivan, vor Prisca Chesang und der Japanerin Nozomi Tanaka durch, die bis 30 Meter vor dem Ende noch auf Platz zwei lag. Mit einer persönlichen Bestleistung von 8:50,89 Minuten war Mittelstrecken-Spezialistin Linden Hall auf Platz vier die beste Australierin.

Einen neuseeländischen Doppelsieg beim wichtigsten Meeting auf ozeanischem Boden gab es im 800m-Lauf der Männer. James Preston, der am Wochenende bei einem Meeting in Christchurch gewonnen hatte, siegte in 1:45,85 Minuten knapp vor seinem Landsmann Brad Mathas, der seine persönliche Bestleistung um eine Hundertstelsekunde auf eine Zeit von 1:46,01 Minuten verbessern konnte. Dritter wurde Riley McGown aus Australien, Jared Micallef lief auf Platz fünf einen Landesrekord für Malta. Der 24-Jährige ist in Australien geboren und seit einem halben Jahr für den Mittelmeerinselstaat startberechtigt.

Das Maurie Plant Meet wurde nach einem 2020 verstorbenen australischen Sportpromoter und Leichtathletik-Kommentator benannt. Früher war das Meeting in Melbourne als Melbourne Track Classic bekannt.

Ergebnisse Maurie Plant Meet in Melbourne 2023 (Laufentscheidungen)

1.500m-Lauf der Frauen

  1. Jessica Hull (AUS) 4:07,11 Minuten
  2. Abbey Caldwell (AUS) 4:07,32 Minuten
  3. Georgia Griffiths (AUS) 4:10,06 Minuten
  4. Heather MacLean (USA) 4:10,63 Minuten
  5. Emma Coburn (USA) 4:10,96 Minuten
  6. Melknat Wudu (ETH) 4:11,29 Minuten *
  7. Sarah Billings (AUS) 4:12,39 Minuten
  8. Medina Eisa (ETH) 4:12,59 Minuten *

Meilenrennen der Männer

  1. Oliver Hoare (AUS) 3:52,24 Minuten
  2. Sam Tanner (NZL) 3:53,83 Minuten *
  3. Cameron Myers (AUS) 3:55,44 Minuten **
  4. Callum Davies (AUS) 3:55,48 Minuten *
  5. Matthew Ramsdem (AUS) 3:55,90 Minuten
  6. Jude Thomas (AUS) 3:56,87 Minuten *

    11. Matthew Centrowitz (USA) 4:06,52 Minuten
    13. Ryan Gregson (AUS) 4:14,86 Minuten

3.000m-Lauf der Frauen

  1. Senayet Getachew (ETH) 8:46,54 Minuten *
  2. Prisca Chesang (UGA) 8:48,85 Minuten *
  3. Nozomi Tanaka (JPN) 8:49,09 Minuten
  4. Linden Hall (AUS) 8:50,89 Minuten *
  5. Rose Davies (AUS) 8:57,94 Minuten
  6. Georgia Hansen (AUS) 9:01,37 Minuten

3.000m-Lauf der Männer

  1. Ishmael Kipkurui (KEN) 7:41,38 Minuten * / ***
  2. Stewart McSweyn (AUS) 7:44,36 Minuten
  3. Dan Kibet (UGA) 7:50,11 Minuten
  4. Ben Buckingham (AUS) 7:50,93 Minuten
  5. Julian Oakley (NZL) 7:53,00 Minuten
  6. Keneth Kiprop (UGA) 7:55,90 Minuten *

800m-Lauf der Männer

  1. James Preston (NZL) 1:45,85 Minuten
  2. Brad Mathas (NZL) 1:46,00 Minuten *
  3. Riley McGown (AUS) 1:46,37 Minuten *
  4. Jye Perrott (AUS) 1:46,80 Minuten
  5. Jared Micallef (MLT) 1:46,87 Minuten ****
  6. Lachlan Raper (AUS) 1:47,15 Minuten

* neue persönliche Bestleistung
** neuer ozeanischer Juniorenkontinentalrekord
*** neuer Meetingrekord
**** neuer maltesischer Landesrekord

Maurie Plant Meet

World Athletics Continental Tour

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