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Die Kenianerin Selly Kaptich hat beim Frankfurt Marathon 2022 ihren ersten Sieg im Marathon gefeiert. Die 37-Jährige entstammte einer kleinen Spitzengruppe und ging mit einem deutlichen Vorsprung in die entscheidende Phase. Während die Italienerin Sofiia Yaremchuk eine klare Bestleistung lief, blieb für das deutsche Top-Duo ein enttäuschender Tag übrig.
Nach den Rängen drei und vier bei den World Marathon Majors in Berlin (2019) und Tokio (2020) hat Selly Kaptich beim Frankfurt Marathon den nächsten Schritt gemacht und aus einer leichten Favoritenposition heraus (Sie war die schnellste laut Meldeliste) ihren achten Marathonlauf erstmals siegreich gestaltet. Der Zieleinlauf in der stimmungsvollen Festhalle in der Frankfurter Messe nach 2:23:11 Stunden war an diesem sonnigen und unüblichen Spätherbsttag im mitteleuropäischen Finanzzentrum nicht nur ein bedeutender Moment in der Karriere der 37-Jährigen, sondern diese Augenblicke demonstrierten, wie sehr das Marathonlaufen in Frankfurt in den vergangenen Jahren abgegangen ist. „Es ist uns gelungen, ein schönes Comeback auf die Straßen Frankfurts und in die Festhalle zu bringen“, sagte ein „sehr glücklicher“ Frankfurter Renndirektor Jo Schindler. Und auch die Siegerin war aus dem Häuschen: „Es war ein großer Tag für mich. Die Stimmung an der Strecke war hervorragend.“
Dass die Siegerzeit nicht wie erhofft im Bereich von 2:20 Stunden lag, lag auch an den hohen Temperaturen. In der Mittagsstunde, als die Läuferinnen und Läufer aus den Elitefeldern gerade in die letzte Phase des Marathons einbogen, kletterte das Thermometer auf über 20°C., dazu kam die ununterbrochene Sonneneinstrahlung. So verloren fast alle Athletinnen und Athleten auf den letzten Kilometern an Zeit, teilweise deutlich. Das betraf auch Selly Kaptich, die schon früh Teil einer Vierergruppe mit Yeshi Chokole und Atalel Dargie aus Äthiopien sowie ihrer Landsfrau Caroline Jepchirchir an der Spitze war. Rennleiter Christoph Kopp ortete Besserungspotenzial: „Die Frauen haben sich nicht an unsere Empfehlung für einen vorsichtigeren Beginn gehalten. Die Qualität war sicher vorhanden, aber unvernünftige Renngestaltung und die Temperaturen haben nicht mehr möglich gemacht“, so seine ungewöhnlich deutliche Kritik. Auch Schindler fand, dass das Potenzial des Rennens nicht voll ausgeschöpft werden konnte. Die Strategie, bei angekündigter Wärme in der kühleren Anfangsphase ein Polster herauslaufen zu wollen, ist freilich im Marathon nicht neu.
Dass Marathonlaufen im Elitebereich der Frauen mit konservativen Anfangsphasen in Verbindung gebracht wird, ist zurzeit ohnehin ziemlich unüblich – man denke an die bisherigen großen Marathon-Entscheidungen in diesem Herbst. Und so verwunderte nicht, dass die linear errechnete Siegerzeit in der ersten Rennhälfte konstant unter 2:20 Stunden lag. Das Trio an der Spitze erreichte nach einem besonders schnellen Abschnitt zwischen Kilometer zehn und 15 die Halbmarathon-Zwischenzeit in einer Zeit von 1:09:40 Stunden.
Routinier Kiprop Zweite
Jepchirchir war bald zurück in die Verfolgergruppe gefallen, das Tempo war für sie zu schnell. Dargie verlor den Anschluss kurz nach dem Halbmarathon, Chekole einige Kilometer später – beide stiegen später aus. So blieb Kaptich in Begleitung männlicher Pacemaker alleine übrig und hatte bei der Zwischenzeit bei Kilometer 30 bereits über eine Minute Vorsprung auf Chekole und 2:11 Minuten auf Helah Kiprop. Der Abstand zur Vize-Weltmeisterin von 2015 verringerte sich zwar, weil die Führende ihr Tempo bei weitem nicht halten konnte. Am Ende fiel der Sieg Kaptichs dennoch klar aus, weil auch Kiprop in der finalen Phase an Geschwindigkeit verlor.
Die ebenfalls 37-Jährige war nicht so aggressiv angegangen und befand sich beim Halbmarathon in einer größeren Verfolgergruppe, 54 Sekunden hinter der Spitze. Dieser Abstand vergrößerte sich auf den nächsten Kilometern rasant, weil Kaptich genau dort ihre schnellste Rennphase hatte und Hochrechnungen sogar einen neuen Streckenrekord in Betracht zogen. Dennoch mag die Siegerin des Tokio Marathon 2016 mit dem viertschnellsten Marathon ihrer Karriere nicht ganz unzufrieden gewesen sein, im Frühjahr in Kopenhagen war sie eine halbe Minute schneller. Dritte wurde Jackline Chepngeno, die ebenfalls ihren viertschnellsten Marathon erzielte.
Yaremchuk steigert sich deutlich
Für den deutschen Marathonlauf der Frauen war der Frankfurt Marathon 2022 keine Erfolgsgeschichte. Laura Hottenrott fehlte an der Startlinie, Thea Heim, die von Tempomacher Frank Schauer geleitet wurde, verspürte eingangs der zweiten Hälfte Schwindel und gab auf. So war die zehntplatzierte Corinna Coenning in einer Zeit von 2:40:48 Stunden unerwartet die beste Deutsche.
Beste Europäerin war Sofiia Yaremchuk auf dem vierten Platz der Endwertung. Die aus der Ukraine stammende Italienerin war lange Zeit auf sehr konstantem Niveau gar auf eine Zeit unter 2:25 Stunden unterwegs, erst zum Schluss verlor die von ihrem Vereinskollegin Marco Salami begleitete 28-Jährige wie das gesamte Elitefeld etwas an Tempo und finishte in 2:25:36 Stunden, nicht einmal zweieinhalb Minuten hinter der Siegerin. „Auch wenn es zum Schluss sehr heiß war, bin ich sehr glücklich mit dem heutigen Rennen. Jetzt habe ich verstanden, was es bedeutet, Marathon zu laufen“, wird sie auf der Website des Italienischen Leichtathletik-Verbandes (FIDAL) zitiert. „Ich habe gesehen, dass die Drittplatzierte mit ihren Kräften am Ende war. Aber auch bei mir war der Ofen aus.“ Yaremchuk, die ihren bisher einzigen Marathon 2021 in Venedig gewonnen hat, ist nun die Nummer sieben der ewigen italienischen Bestenliste, ihre Leistung ist eine neue italienische Jahresbestzeit.
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