Sheila Chepkirui in Berlin mit Weltklassezeit
Die große Favoritin erfüllt die in sie gesetzten Erwartungen und verbessert in einer Zeit von 1:05:02 Stunden den Streckenrekord des Berliner Halbmarathons. Auch bei den Männern gibt es einen überlegenen kenianischen Sieger. Zwei Österreicher laufen in die Top-50.

© SCC Events / Camera 4
Als siebtschnellste Halbmarathonläuferin aller Zeiten war Sheila Chepkirui der große Star beim Berliner Halbmarathon am gestrigen Sonntag und die 31-Jährige wurde den in sie gesetzten Erwartungen gerecht. In einer tollen Zeit von 1:05:02 Stunden, der zweitschnellsten ihrer Karriere, blieb sie 14 Sekunden unter der Streckenrekordzeit von Joyciline Jepkosgei aus dem Vorjahr, immerhin Siegerin des New York City Marathon 2020 und des London Marathon 2021. „Auf den letzten fünf Kilometern wurde mir dann richtig kalt, so dass ich das Tempo nicht mehr halten konnte“, entschuldigte sich die Siegerin im Ziel fast dafür, warum sie nicht unter 1:05 Stunden gelaufen ist und damit „nur“ die 18.-beste Zeit der Geschichte anbieten konnte. Doch ihre Erklärung hat natürlich einen wahren Kern, denn Temperaturen knapp über dem Gefrierpunkt und zeitweise leichtes Schneegestöber kurz vor dem Start boten nicht unbedingt traumhafte Bedingungen.
Chepkirui demonstrierte dennoch von Beginn an ihre Überlegenheit und zog davon. Die Zwischenzeit bei Kilometer zehn von 30:32 Minuten versprach die oberste Qualität, die Chepkirui auch lieferte. Dass im Ziel der Vorsprung auf ihre Landsfrau Joyce Chepkemoi lediglich 48 Sekunden betrug, lag mehr an der starken Leistung der 26-Jährigen, die ihre vom Lissabon Halbmarathon 2021 stammende persönliche Bestleistung um eine knappe halbe Minute verbesserte. Auf der zweiten Streckenhälfte machte sie sogar die in oder andere Sekunde auf die Siegerin gut. Ihre Landsfrauen Irene Kimais, Siegerin des Halbmarathons Rom-Ostia vor vier Wochen, und Viola Chepngeno komplettierten den kenianischen Vierfachsieg, ebenfalls mit respektablen Leistungen unter 1:07 Stunden.
Steinruck erstmals unter 1:10 Stunden
Deutschlands Top-Starterin beim Berliner Halbmarathon, Katharina Steinruck erreichte bei ihrem wichtigsten Antritt im Lauffrühling ihr Ziel und das lautete einen Halbmarathon unter 1:10 Stunden zu laufen. Die 32-Jährige, die ihren nächsten Marathon erst beim Saisonhöhepunkt im Sommer laufen möchte, schob sich mit ihrer persönlichen Bestleistung von 1:09:38 Stunden auf Platz neun der ewigen deutschen Bestenliste im Halbmarathon. „Für mich waren die Bedingungen super, das hat richtig Spaß gemacht“, sagte die Deutsche im Ziel. Sie ist dafür bekannt, die Hitze beim Laufen nicht so zu mögen, weshalb es für sie keine Selbstverständlichkeit zu sein scheint, als Deutsche auch die Heim-EM mit der Marathonstartzeit am fortgeschrittenen Vormittag zu bestreiten. Der WM-Marathon in Eugene geht in den frühen Morgenstunden über die Bühne.
Mit dem Lauffrühling 2022 und zwei Halbmarathon-Bestleistungen dürfte Steinruck allerdings zufrieden sein. Als zweitbeste Deutsche finishte Laura Hottenrott in einer Zeit von 1:11:14 Stunden und blieb damit 16 Sekunden unter dem Limit für die Halbmarathon-Weltmeisterschaften, die im November in China über die Bühne gehen. Erst auf Rang 16 folgte Deborah Schöneborn in einer Zeit von 1:13:19 Stunden, die in drei Wochen den Hamburg Marathon laufen wird.
Zwei Britinnen in den Top Ten
Beste Europäerin war jedoch nicht Steinruck, sondern die Britin Samantha Harrison, die sich mit einer Zeit von 1:08:12 Stunden auf Position fünf der ewigen britischen Bestenliste im Halbmarathon schob, vorbei an Charlotte Purdue, Mara Yamauchi oder Liz McColgan. Die 27-Jährige betreibt erst seit knapp drei Jahren Spitzensport und ist beim London Marathon 2021 eine Zeit von 2:32:22 Stunden gelaufen, womit sie am EM-Limit kratzte. Ihre Halbmarathon-Bestleistung steigerte sie in Berlin um sagenhafte zweieinhalb Minuten.
Hinter der Französin Mekdes Woldu, die sich mit einer persönlichen Bestleistung von 1:09:43 Stunden auf Rang drei der ewigen französischen Bestenliste steigerte, erreichte mit Clara Evans eine zweite Britin einen Top-Ten-Platz, hinter ihr folgten die Kroatin Bojana Bjeljac, weiterhin Nummer drei der ewigen kroatischen Bestenliste, und die Italienerin Giovanna Epis, die an ihre Bestleistung heranlief.
Kibet glänzt mit sub-59er-Zeit
Das Rennen der Männer stand ganz im Zeichen von Alex Kibet aus Kenia, der seinen persönlichen Bestwert vom RAK Halbmarathon aus dem Jahr 2018 um elf Sekunden auf eine Zeit von 58:55 Minuten steigerte. Damit ist der 31-Jährige der dritte Sieger des Events nach Streckenrekordhalter Eric Kiptanui und dem ehemaligen Marathon-Weltrekordhalter Patrick Makau, der in Berlin eine Siegerzeit unter 59 Minuten fabrizierte. Eine noch bessere Zeit verpasste Kibet, weil er im Schlussteil einmal falsch abbog, seinen Irrtum aber gleich bemerkte.
* laut Hochrechnung
Kibet setzte sich nach knapp zwei Dritteln der Distanz aus einer schnell anlaufenden Spitzengruppe ab und lief teilweise ein Tempo von 2:45 Minuten pro Kilometer, um sich einen Vorsprung von fast einer Minute auf seine Verfolger Joshua Belet und Abel Kipchumba, der als Favorit ins Rennen gegangen war, zu erarbeiten. Schnellster europäischer Teilnehmer war der Norweger Zerei Kbrom auf Rang fünf. Der in der Schweiz lebende und für das Athletes Refugee Team startende Dominic Lobalu glänzte mit einer deutlichen persönlichen Bestleistung von 1:01:01 Stunden, wesentlich schneller als jemals ein Läufer aus dem Südsudan gelaufen ist.
Bestleistungen für Jandl und Hartinger
Nicht nach Wunsch verlief der Wettkampf für Deutschlands Nummer eins Amanal Petros, der weit entfernt von seinem deutschen Rekord in 1:02:21 Stunden finishte. Damit war er nur der zweitbeste Deutsche, denn Johannes Motschmann vom veranstaltenden Verein erzielte in 1:01:45 Stunden eine persönliche Bestleistung und ist nun der zehntschnellste deutsche Halbmarathonläufer aller Zeiten. Auch Jonathan Dahlke knackte das Halbmarathon-WM-Limit von 1:02:45 Stunden, Philipp Pflieger verpasste seine persönliche Bestleistung nur knapp.
Zwei erfreuliche Ergebnisse gab es auch für den österreichischen Laufsport. Dominik Jandl (SVS Leichtathletik) erzielte eine klare Verbesserung seiner persönlichen Bestleistung auf eine Zeit von 1:04:45 Stunden und liegt nun auf Rang 16 der ewigen nationale Bestenliste. Markus Hartinger (LTV Köflach) blieb knapp unter 1:05 Stunden und markierte einen neuen steirischen Landesrekord im Halbmarathon.
Rund 26.000 Läuferinnen und Läufer bestritten den Berliner Halbmarathon 2022.
Ergebnisse Generali Berliner Halbmarathon 2022
Männer
- Alex Kibet (KEN) 58:55 Minuten *
- Joshua Belet (KEN) 59:53 Minuten
- Abel Kipchumba (KEN) 59:58 Minuten
- Josphat Kemei (KEN) 1:00:03 Stunden
- Zerei Kbrom (NOR) 1:00:42 Stunden
- Dominic Lobalu (ART) 1:01:01 Stunden *
- Geoffrey Koech (KEN) 1:01:17 Stunden
- Evans Kipkemei (KEN) 1:01:33 Stunden **
- Pietro Riva (ITA) 1:01:36 Stunden *
- Johannes Motschmann (GER) 1:01:45 Stunden *
…
15. Amanal Petros (GER) 1:02:21 Stunden
18. Jonathan Dahlke (GER) 1:02:29 Stunden *
20. Philipp Pflieger (GER) 1:03:05 Stunden
24. Adrian Lehman (SUI) 1:03:46 Stunden *
26. Tom Gröschel (GER) 1:03:47 Stunden
34. Thorben Dietz (GER) 1:04:19 Stunden *
37. Dominik Jandl (AUT) 1:04:45 Stunden *
41. Markus Hartinger (AUT) 1:04:59 Stunden *
96. Felix Geieregger (AUT) 1:10:15 Stunden
Frauen
- Sheila Chepkirui (KEN) 1:05:02 Stunden ***
- Joyce Chepkemoi (KEN) 1:05:50 Stunden *
- Irene Kimais (KEN) 1:06:34 Stunden
- Viola Chepngeno (KEN) 1:06:48 Stunden *
- Samantha Harrison (GBR) 1:08:12 Stunden *
- Katharina Steinruck (GER) 1:09:38 Stunden *
- Mekdes Woldu (FRA) 1:09:43 Stunden *
- Clara Evans (GBR) 1:10:17 Stunden *
- Bojana Bjeljac (CRO) 1:10:43 Stunden *
- Giovanna Epis (ITA) 1:11:07 Stunden
- Laura Hottenrott (GER) 1:11:14 Stunden
…
15. Victoria Brandt (GER) 1:13:19 Stunden *
16. Deborah Schöneborn (GER) 1:13:19 Stunden
17. Lisa Oed (GER) 1:13:47 Stunden *
* neue persönliche Bestleistung
** Halbmarathon-Debüt
*** neuer Streckenrekord