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Der Äthiopier Berihu Aregawi lag im 3.000m-Lauf des Indoor Meetings von Karlsruhe lange auf Kurs Weltrekord und maß sich bis auf die letzten Zentimeter mit dem Meetingrekord des großen Haile Gebrselassie.
Es fehlte am Ende nicht viel zu einer Sternstunde in der mit 1.000 Zuschauern und beträchtlicher Stimmung gefüllten Messehalle 3 in Karlsruhe. Exakt vier Wochen, nachdem der erst 20 Jahre alte Äthiopier beim Silvesterlauf in Barcelona den Weltrekord im 5km-Straßenlauf geknackt hat, nahm er den nächsten ins Visier. Jenen über 3.000m in der Halle, der bis vor kurzem unumstößlich auf seinem Thron saß. Die Marke von Daniel Komen, aufgestellt 1998 in Budapest in einer Zeit von 7:24,90 Minuten. Erst 2021 schrammte Berihu Aregawis Landsmann Getnet Wale in Liévin um die Winzigkeit von acht Hundertstelsekunden vorbei. Dem Karlsruhe-Held fehlten am Ende 1,3 Sekunden, in Wahrheit es war wesentlich knapper.
Enttäuschung nach starkem Solo
Nach einem stürmischen Beginn hielt Aregawi im Mittelteil des Rennens seine Rundenzeiten konstant unter 30 Sekunden und lag zu diesem Zeitpunkt auf Kurs Weltrekord. Früh, nämlich genau nach 1.000m, verließ der Favorit seine Position hinter den deutschen Tempomachern Lukas Abele und Maximilian Thorwirth, um das Tempo hochzuhalten. Thorwirth kämpfte sich noch einmal für etwas wichtige Unterstützung zurück, doch der Alleingang bis zur Ziellinie nach 15 Runden war lang. Der Äthiopier konnte im Finale nicht mehr zulegen, die Siegerzeit war dennoch fantastisch. Gerade einmal 0,05 Sekunden fehlten am Ende auf den 24 Jahre alten Meetingrekord seines Landsmanns Haile Gebrselassie.
Der unheimliche Ehrgeiz des jungen Mannes zeigte sich bei Übertritt der Ziellinie. Ein kurzer Griff in die Haare demonstrierten die Enttäuschung beim Blick auf die Zeitentafel. Auch danach, keine Jubelgeste trotz des fünftschnellsten 3.000m-Laufs unter dem Hallendach aller Zeiten. Hinter Aregawi konnten die Kenianer Jacob Krop (3.) und Justus Soget (7.) das Tempo Aregawis nur auf der ersten Streckenhälfte halten und fielen dann zurück. Das Feld wurde durcheinander gewürfelt, profitierte aber mit einer Serie von Bestleistungen vom schnellen Tempo ganz vorne. Der ehemalige Hallen-Europameister AdelMechaal sicherte sich Platz zwei in 7:36,57 Minuten – Rang vier der ewigen spanischen Bestenliste. Auch der beste Deutsche überzeugte: Mohamed Mohumed wurde in 7:41,35 Minuten – fast neun Sekunden unter dem Hallen-WM-Limit – Vierter, Rang drei in der ewigen deutschen Bestenliste hinter Dieter Baumann und Arne Gabius.
Enges Finish im äthiopischen Duell
Die zweite Weltjahresbestleistung in vier Laufentscheidungen beim ersten Gold-Meeting der World Athletics Indoor Tour 2022 markierte Axumawit Embaye im zweiten bemerkenswerten Lauf des Abends. Als letzter Event des Abends – Armand Duplantis versuchte sich parallel noch, letztendlich nicht erfolgreich, am Stabhochsprung-Hallen-Weltrekord – brachte der 1.500m-Lauf der Frauen ein unübliches Rennen. Wie von der Tarantel gestochen brauste Tempomacherin Hiwot Mehari los, hinter ihr folgten die vier Afrikanerinnen. Nach wenigen Schritten war das Feld zweigeteilt, doch Esther Guerrero führte die Verfolgergruppe nach zwei Drittel der Distanz fast heran, weil die Spitze angesichts des hohen Angangstempos durchschnaufen musste. Um satte 8,5 Sekunden war der erste Kilometer schneller als der zweite.
Persönliche Bestleistung für Trost
Als Axumawit Embaye zwei Runden vor dem Ende die Führung übernahm, kam noch einmal Schwung in die Geschichte und sie führte die beiden schnellsten Runden des Rennens an. Die Hallen-WM-Zweite von 2014 siegte in einer Zeit von 4:02,12 Minuten haarscharf vor ihrer jungen Landsfrau HirutMeshesha, die mit ihrem Endspurt bis auf 0,02 Sekunden an die Siegerin heranrücken konnte. Es war der erste Sieg bei einem großen Rennen für die 27-Jährige seit Karlsruhe kurz vor Pandemiebeginn in Europa. Die Olympia-Vierte Freweyni Hailu, oft auch mit dem Namen Gebreezibeher angeführt, musste sich mit Rang drei zufrieden geben. Beste Europäerin war dank einer starken Schlussphase die fünftplatzierte Französin Aurore Fleury, die wie die Top-Vier eine neue Hallen-Bestleistung aufstellte. Auch wenn Katharina Trost ihren Sensationssieg aus dem Vorjahr nicht wiederholen konnte – was angesichts der viel, viel stärkeren Konkurrenz faktisch unmöglich war, zeigte die Deutsche ein tolles Rennen, hielt im Mittelteil tapfer mit den beiden Spanierinnen mit und platzierte sich im spanischen Sandwich auf Rang sieben. Eine deutliche persönliche Hallen-Bestleistung von 2,5 Sekunden führte sie zu einer Zeit von 4:07,99 Minuten. „Ich dachte, dass ich diese Zeit ungefähr draufhabe, und es freut mich, dass ich es zeigen konnte“, sprach Trost von einem gelungenen Rennen. Das Limit für die Hallen-Weltmeisterschaften hat die 26-Jährige damit abgehakt.
Hering nur von Weltmeisterin geschlagen
Überzeugen konnte auch Trosts Landsfrau und Standard-Trainingspartnerin Christina Hering, die den 800m-Lauf bestritt – die einzige Laufdisziplin des Abends, für die es keinen Punkte für die World Athletics Indoor Tour Gesamtwertung gab. Die hoch aufgeschossene Münchnerin lief eine Zeit von 2:03,73 Minuten und musste sich als Zweitplatzierte lediglich Weltmeisterin Halimah Nakaayi geschlagen geben. Zweite hinter der Weltmeisterin zu werden sei nicht schlecht, fand sie anschließend, hatte aber auf ein schnelleres Rennen gehofft. Die 27-Jährige aus Uganda übernahm eingangs der dritten von vier Runden die Führung von Hering und beschleunigte eingangs der letzten Runde noch einmal. Ihre Siegerzeit lautete 2:02,81 Minuten, nicht einmal eine Sekunde über ihrer Hallen-Bestleistung, die nicht das Standing ihrer Freiluft-Bestleistung hat. Im Gegensatz zu vergangenen Jahren will die amtierende Freiluft-Weltmeisterin in diesem Jahr einen Indoor-Schwerpunkt setzen und visiert die Weltmeisterschaften Mitte März in Belgrad an. Sie zeigte sich mit ihrem Saisoneinstieg zufrieden und betonte, dass sie die Unterstützung des Publikums genoss.
Kramer konnte Giles nicht mehr abfangen
Im 800m-Lauf der Männer konnte der britische Favorit Elliot Giles seinen Vorjahressieg wiederholen. Der 27-Jährige sagte nachher, ohne Plan in das Rennen gegangen zu sein, um zum Saisonauftakt frei drauf los zu laufen. Er absolvierte sichtlich ungefähr das Rennen, das ihn in eine gute Position brachte. Er fand in Alvaro de Arriba einen Windschatten, den er zum Glockenton für die letzte Runde erstmals zu verlassen versuchte. Der ehemalige Hallen-Europameister machte aber die Innenbahn dicht, so dass erst auf der Gegengerade das Überholmanöver außen gelang. Giles kreuzte die Ziellinie in einer Zeit von 1:46,78 Minuten, nur 0,17 hinter der Weltjahresbestleistung des Deutschen Marc Reuther, der in Karlsruhe nicht am Start war. Der Brite hatte die vergangene Hallensaison im 800m-Lauf dominiert, in Karlsruhe in einer Zeit von 1:45,50 Minuten gewonnen und später in Torun in einer Siegerzeit von 1:43,63 Minuten mit der zweitschnellsten Zeit der Geschichte unter dem Hallendach verblüfft.
Doch für den Hallen-WM-Vierten von 2018 wurde es noch sehr knapp. Andreas Kramer, Sieger von 2019, löste sich 150 Meter vor dem Ziel von der vierten Position und hätte das Rennen wohl gewonnen, wäre er vor der letzten Kurve an Mostafa Smaili vorbei gekommen. Das gelang nicht, er überholte der Marokkaner erst ausgangs der letzten Kurve und so schaffte es sein eindrucksvoller Endspurt nicht mehr zum Sieg. 0,05 Sekunden fehlten dem augenscheinlich wieder erstarkten Vize-Europameister von Berlin 2018 im Ziel. Kramers letzte Freiluftsaison glückte nicht, in der Hallensaison lief er dagegen einen schwedischen Landesrekord. Dritter wurde Smaili. Christoph Kessler, der für den hiesigen Verein an den Start geht, konnte den Spanier Pablo Sanchez-Valladares hinter sich lassen und belegte in 1:48,29 Minuten Rang fünf.
Ergebnisse init Indoor Meeting Karlsruhe 2022
3.000m-Lauf der Männer
Berihu Aregawi (ETH) 7:26,20 Minuten * / **
Adel Mechaal (ESP) 7:36,57 Minuten **
Jacob Krop (KEN) 7:38,15 Minuten
Mohamed Mohumed (GER) 7:41,35 Minuten **
Elzan Bibic (SRB) 7:44,62 Minuten **
Ferdinand Kvan Edman (NOR) 7:46,92 Minuten **
Justus Soget (KEN) 7:48,26 Minuten
Yassin Bouih (ITA) 7:48,38 Minuten
Robert Farken (GER) 7:51,42 Minuten
Karl Bebendorf (GER) 7:57,99 Minuten
1.500m-Lauf der Frauen
Axumawit Embaye (ETH) 4:02,12 Minuten * / **
Hirut Meshesha (ETH) 4:02,14 Minuten **
Freweyni Gebrezibeeher (ETH) 4:02,66 Minuten **
Winnie Nanyondo (UGA) 4:04,25 Minuten **
Aurore Fleury (FRA) 4:07,09 Minuten **
Marta Perez (ESP) 4:07,52 Minuten
Katharina Trost (GER) 4:07,99 Minuten **
Esther Guerrero (ESP) 4:09,06 Minuten
Sara Benfares (GER) 4:24,97 Minuten
800m-Lauf der Männer
Elloit Giles (GBR) 1:46,78 Minuten
Andreas Kramer (SWE) 1:46,83 Minuten
Mostafa Smaili (MAR) 1:47,00 Minuten
Alvaro de Arriba (ESP) 1:47,44 Minuten
Christoph Kessler (GER) 1:48,29 Minuten
Pablo Sanchez-Valladares (ESP) 1:48,66 Minuten
800m-Lauf der Frauen
Halimah Nakaayi (UGA) 2:02,81 Minuten
Christina Hering (GER) 2:03,73 Minuten
Tanja Spill (GER) 2:04,39 Minuten
Noélie Yarigo (BEN) 2:05,54 Minuten
Majtie Kolberg (GER) 2:05,98 Minuten
Lovisa Lindh (SWE) 2:09,08 Minuten
* neue Weltjahresbestleistung ** neue persönliche Indoor-Bestleistung
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