Wie ein Veto die WM 2023 bedrohte
Heute in 500 Tagen beginnen die Leichtathletik-Weltmeisterschaften 2023 in Budapest, vor den Toren der Ostregion. Nie zuvor war eine WM aus Wien so leicht erreichbar wie die übernächste, ein Vorteil für heimische Leichtathletik-Fans. Ein politischer Zwist rund um die Austragung im Nachbarland, der in den vergangenen Wochen für Schlagzeilen gesorgt hat, ist nun vorerst beigelegt.

© Hermann Traub / Pixabay
Wie sehr die Austragung der 19. Leichtathletik-WM 2023 wirklich gefährdet war, ist schwer einschätzbar. Doch das Säbelrasseln in Budapest hat dafür gesorgt, dass die internationale Leichtathletik-Szene davon Notiz genommen hat. Vielleicht war das ein nicht unwichtiges Ziel, als Budapests Bürgermeister Gergey Karacsony Ende August ankündigte, dem Stadtparlament vorzuschlagen, sich von der Austragung des Großereignisses in einer neu errichteten Arena an der Donau, Kostenpunkt rund 600 Millionen Euro, zurückzuziehen. Der Grund hat nichts mit Sport oder der Leichtathletik im Speziellen zu tun: Die ungarische Regierung hat mit der Fudan Universität in Shanghai ein Abkommen unterzeichnet, für diese einen Campus zu bauen. Mitten in Budapest, als erstem auf europäischen Boden. Die Stadtregierung protestiert schon länger gegen dieses umstrittene Projekt, das Chinas Einfluss auf Ungarn vergrößern soll. Sauer aufstieß, dass die Regierung dafür ein Bauprojekt für Studentenwohnungen zu opfern drohte. Das größte Sportereignis in der Geschichte unseres Nachbarlandes wurde also als mächtige Drohgebärde in den politischen Ring geschmissen.
Die WM als Spielball der Politik
Der Ungarische Leichtathletik-Verband (MASZ) versuchte sofort, zu beruhigen. Man arbeite weiter an den Vorbereitungen und habe Vertrauen in den Vertrag mit World Athletics. Doch entgegen der politischen Mehrheiten unterstützte das Stadtparlament den Vorstoß des Bürgermeisters, der in fundamentaler Opposition zum ungarischen Regierungschef Viktor Orban steht. Karacsonys Statement: „Budapest möchte die Leichtathletik-WM 2023 nicht, wenn die Nutzung des Areals für die Studentenstadt der Fudan Hungary University zukommt oder für die Errichtung des Campus der chinesischen Eliteuniversität genutzt wird.“ Der Bau der Studentenstadt mit Wohnheimen, welche 8.000 Studentinnen und Studenten Platz bieten soll, war Teil der Vereinbarung der WM-Ausrichtung. Die ungarische Regierung konterte kurz und knapp: Die Budapester Stadtregierung hätte gar keine Entscheidungsmacht über die Austragung der Leichtathletik-WM, da die Bewerbung des ungarischen Verbandes mit Unterstützung der Regierung erfolgt war.
Und der Verband argumentierte, die ungarische Regierung hätte die Ausrichtung garantiert. Außerdem: Nur ein nationaler Verband habe das Bewerbungsrecht, die Stadt Budapest sei kein Vertragspartner der Organisation der WM. Der Leichtathletik-Weltverband verhielt sich ruhig, sei aber von ungarischer Seite informiert gewesen. Man hoffe, die WM würde nicht zum politischen Spielball, hieß es aus Monaco.
Veto zurückgezogen
Anfang des Monats gab Karacsony nun selbst Entwarnung und nahm das Veto zurück. Die ungarische Regierung habe die geplante Schenkung des Areals für die Studentenwohnheime an die Foundation der Fudan University zurückgezogen und außerdem Millionenbeträge zur Stärkung der Gesundheitsinfrastruktur in der Hauptstadt in die Stadtkassen gespült, wie Hungary Today berichtete.
Leichtathletik-Weltmeisterschaften 2023