Der fünfte Präsident der Geschichte des Leichtathletik-Weltverbandes (damals noch IAAF, heute World Athletics) und der einzige nicht europäische bisher, Lamine Diack ist tot. Das berichtet die französische Presseagentur (AFP) am heutigen Freitag unter Berufung auf Diacks Familie. Der Senegalese verstarb 88-jährig eines natürlichen Todes.
Der IAAF stand Diack von 1999 bis 2015 vor und war zu dieser Zeit, nebenbei als IOC-Mitglied, eine der mächtigsten Personen im globalen Sport. Seine Pension war jedoch kein Genuss. Wegen Korruption, Annahme von Schweigegeld und Vertuschung von Dopingfällen, insbesondere aus der russischen Leichtathletik, lebte er jahrelang im Hausarrest in Frankreich und durfte nicht in sein Heimatland zurückkehren. Voriges Jahr wurde er in Paris zu vier Jahren Haft, davon zwei auf Bewährung, und einer Geldstrafe von einer halben Million Euro verurteilt. Ins Gefängnis musste er altersbedingt nie, vor wenigen Monaten durfte er seinen Aufenthaltsort in Frankreich wieder verlassen und kehrte in den Senegal zurück.
Vertuschung von Dopingfällen
Diacks Straftaten wurden erst durch die Ermittlungen aufgedeckt, nachdem er nach den Weltmeisterschaften 2015 in Peking aus dem Amt schied, und führten zu einem tiefen Fall der ehemals angesehenen Persönlichkeit. Die wissentliche und perfide Maskierung des russischen Dopingsystems wird untrennbar mit den Erinnerungen an Lamine Diack blieben. Zu den positivsten Errungenschaften seiner Amtszeit gehört zweifelsohne die völlige Angleichung von Preisgeldern in Männer- und Frauenbewerben, womit die Leichtathletik zu den Pionieren auf diesem Gebiet der Gleichberechtigung gehört. Außerdem trieb er die Globalisierung der Leichtathletik voran und etablierte die Diamond League als Nachfolgerin der Golden League.
Nachfolger von Nebiolo
Vor seiner Tätigkeit als IAAF-Präsident war der ehemalige französische Meister im Weitsprung drei Jahrzehnte lang Präsident des Afrikanischen Leichtathletik-Verbandes (CAF), die letzten vier Jahre überlappend. Acht Jahre lang diente er der IAAF als Vize-Präsident und wurde 1999 aufgrund des Ablebens seines italienischen Vorgängers Primo Nebiolo, der kurz davor als IAAF-Präsident bestätigt worden war, ins Amt des Präsidenten berufen.
Lamine Diacks Nachfolger ist der amtierende World-Athletics-Präsident Sebastian Coe, der sich im Anfangsstadium immens gegen Vorwürfe wehren musste, in seiner Amtszeit als Vize-Präsident unter Diack die verwerflichen Vorgänge an der IAAF-Spitze ignoriert zu haben. Der Brite plädierte, für viele auch glaubwürdig, auf Nicht-Wissen und setzt seit seinen Amtsantritt etliche Reformen in der internationalen Leichtathletik um, die großteils als positiv bewertet werden. Darum und aufgrund der mit einem Gerichtsurteil abgeschlossenen Ermittlungen kehrte bei World Athletics in den letzten Jahren Ruhe ein.
Ein Statement des Leichtathletik-Weltverbandes stand zum Zeitpunkt der Veröffentlichung dieses Artikels noch aus.