Ingebrigtsen prolongiert in Lausanne Siegesserie

© Wanda Diamond League

Jakob Ingebrigtsen bleibt weiterhin das Maß aller Dinge im oberen Mittel- und unteren Langstreckenlauf im laufenden Kalenderjahr. Das norwegische Wunderkind gewann beim gestrigen Diamond-League-Meeting in Lausanne, der traditionellen Athletissima, mit einer neuerlich überzeugenden und auch taktisch reifen Leistung den 3.000m-Lauf und verbleibt damit bei einer einzigen Saisonniederlage. In Monaco war er im 1.500m-Lauf als Dritter ins Ziel gelaufen, alle anderen Wettkämpfe, Vorläufe bei Hallen-Europameisterschaften und Olympischen Spielen ausgenommen, hat er als Sieger beendet.

Im Windschatten von McSweyn

Im Olympiastadion der westschweizer Kleinstadt fand der 20-Jährige erneut eine ideale Situation für sich vor. Stewart McSweyn, der im Endspurt nicht so stark wie Ingebrigtsen ist, bestellte ein flottes Rennen. Das Tempo der Pacemaker riss nach rund einem Kilometer eine kleine Lücke, die Ingebrigtsen mit einer kurzen Beschleunigung zu McSweyn schließen musste. Alle anderen, darunter auch 10.000m-Olympiasieger Selemon Barega, konnten dieses Tempo zu diesem Zeitpunkt nicht mitgehen. „McSweyn hat mir vor dem Rennen gesagt, dass er puschen wird. Ich wäre lieber mit einem moderateren Tempo in den Wettkampf gegangen, aber ich wusste, dass ich ihn nicht ziehen lassen konnte. So war es ein hartes Rennen. Aber ich war hochmotiviert, es zu gewinnen“, kommentierte Ingebrigtsen nach dem Rennen. Es war die vierte Distanz, auf der er im laufenden Kalenderjahr ein Diamond-League-Rennen gewinnen konnte (1.500m, Meile und 5.000m).

In der Schlussphase bewies der Skandinavier kühlen Kopf, blieb bei seiner Taktik, auf den Endspurt zu warten, obwohl der Australier an Geschwindigkeit einbüßte. Berihu Aregawi, 20-jähriger Olympia-Vierter im 10.000m-Lauf, hatte eine bemerkenswerte Lücke zugelaufen und in seiner Verblüffung sofort die Führung übernommen. Ingebrigtsen heftete sich an die Fersen des Äthiopiers und konterte begleitet von der Welle, die parallel zu den Läufern durch das Publikum schwappte, 100 Meter vor dem Ziel und zog 40 Meter vor der Ziellinie endgültig vorbei. Sein Sieg in einer Zeit von 7:33,06 Minuten war deutlicher als es der Abstand von 0,33 Sekunden zu Aregawi aussagte, McSweyn rettete den dritten Platz. Für Barega, für den der 3.000m-Lauf die unterste Spanne seiner Wettkampfdistanzen darstellt, blieb am Ende der fünfte Platz. Dass dieser Sieg aber dennoch merklich Kraft gekostet hat, zeigten die Bilder, wie der Olympiasieger im 1.500m-Lauf nach dem Rennen auf der Bahn sitzend pumpte. Der Wind hatte das Rennen schwieriger gemacht als erhofft. Wie McSweyn und die beiden Äthiopier auch war Ingebrigtsen erst aus den USA vom Diamond-League-Meeting in Eugene zurückgekehrt.

Arops zweiter Streich

Die am stärksten besetzte Laufentscheidung des Meetings war der 800m-Lauf mit allen Medaillengewinnern und weiteren Finalisten der Olympischen Spiele im Startblock. Wie schon beim letzten Diamond-League-Meeting in Eugene (siehe RunAustria-Bericht) spuckte der Kanadier Marco Arop den kenianischen Olympia-Helden in die Suppe. Anders als in Oregon diktierte der 22-Jährige dieses Mal das Rennen wieder von vorne und gab die Führung, die er vom Tempomacher erbte, bis zum Ziel nicht mehr ab. Die Zeitnehmung stoppte nach 1:44,50 Minuten. „Ich hoffe, dass viele Kids in Kanada dieses Rennen gesehen haben und Lust auf Mittelstrecken bekommen“, sagte der im Olympia-Halbfinale etwas überraschend gescheiterte Nordamerikaner im Interview, indem er sich auch gleich den WM-Titel 2022 wünschte. Es war sein zweiter Sieg in einem Diamond-League-Rennen.

Die Kenianer gaben im Finale alles, Arop noch einzufangen, was nicht gelang. Olympiasieger Emmanuel Korir (1:44,62) wurde Zweiter vor Ferguson Rotich (1:45,48), die beiden tauschten gegenüber Eugene die Plätze. Die Top-Drei haben ihr Ticket für das Diamond-League-Finale in Zürich bereits fix. Beachtlich war der vierte Platz des Franzosen Gabriel Tual. Der Olympia-Vierte Peter Bol und der Olympia-Dritte Patryk Dobek zierten abgeschlagen das Ende des Feldes.

Äthiopischer Sieg über 1.500m

Im 1.500m-Lauf der Frauen kam es zum erwarteten Duell zwischen Freweyni Gebreezibeher aus Äthiopien und Linden Hall aus Australien, das die Afrikanerin in einer Zeit von 4:02,24 Minuten für sich entscheiden konnte. Und das, nachdem Hall mit einer frühzeitigen Attacke eine zwischenzeitlich klare Führung inne hatte. Nach zwei Siegen in der World Athletics Continental Tour (Gold) war es der Premierensieg in der Diamond League für die 20-Jährige. Wie Hall hält die Äthiopierin nun bei 14 Punkten im Qualifikationsranking, beide haben beste Aussichten, im Finale in Zürich dabei zu sein.

Die US-Amerikanerin Josette Norris, eine Aufsteigerin der Saison, wurde Dritte. Die Deutschen Hanna Klein (7.) und Caterina Granz (11.) konnten nicht an ihre besten Saisonleistungen anknüpfen, was beispielsweise auch für Kristiina Mäki und Sara Kuivisto, die bei den Olympischen Spielen noch mehrere Landesrekorde aufgestellt haben, galt.

Baker gewinnt vor Hoffmann

Im 800m-Lauf, der nicht zum Diamond-League-Programm gehörte und damit eine optimale Bühne für die Schweizer Mittelstreckenläuferinnen bot, siegte Ellie Baker in einer Zeit von 2:00,45 Minuten doch recht deutlich vor der eidgenössischen Nummer eins Lore Hoffmann (2:01,06) und Hedda Hynne aus Norwegen. Delia Sclabas erreichte das Ziel als Siebte, für die Nachwuchshoffnungen Valentina Rosamilia (frisch gebackene Junioren-WM-Zweite) und Audrey Werro (Junioren-Europameisterin) war der Schuh dieser Veranstaltung noch etwas zu groß. Sie füllten ihn nicht aus.

Übrigens auch was die Atmosphäre betrifft sammelten die jungen Läuferinnen enorme Erfahrungen. Denn, aufgrund der Pandemie, haben sie so eine Stimmung wohl noch nie erlebt. Die Athletissima 2021 war das erste Diamond-League-Meeting mit ausverkauftem Stadion seit dem Saisonende 2019. Wahrscheinlich die motivierendste und erfreulichste Nachricht aus Lausanne.

Ergebnisse Athletissima in Lausanne 2021

3.000m-Lauf der Männer

  1. Jakob Ingebrigtsen (NOR) 7:33,06 Minuten
  2. Brerihu Aregawi (ETH) 7:33,39 Minuten *
  3. Stewart McSweyn (AUS) 7:35,06 Minuten
  4. Birhanu Balew (BRN) 7:36,94 Minuten
  5. Selemon Barega (ETH) 7:37,62 Minuten
  6. Muktar Edris (ETH) 7:40,30 Minuten
  7. Jacob Krop (KEN) 7:41,50 Minuten
  8. Abel Kipsang (KEN) 7:42,21 Minuten *
  9. Mohammed Ahmed (CAN) 7:42,53 Minuten
  10. Grant Fisher (USA) 7:42,77 Minuten

    13. Jonas Raess (SUI) 7:56,07 Minuten *

1.500m-Lauf der Frauen

  1. Fremweyni Gebreezibeher (ETH) 4:02,24 Minjuten
  2. Linden Hall (AUS) 4:02,95 Minuten
  3. Josette Norris (USA) 4:03,27 Minuten
  4. Jemma Reekie (GBR) 4:04,72 Minuten
  5. Hirut Meshesha (ETH) 4:05,28 Minuten
  6. Hanna Klein (GER) 4:09,58 Minuten

    11. Caterina Granz (GER) 4:19,61 Minuten

800m-Lauf der Männer

  1. Marco Arop (CAN) 1:44,50 Minuten
  2. Emmanuel Korir (KEN) 1:44,62 Minuten
  3. Ferguson Rotiuch (KEN) 1:45,48 Minuten
  4. Gabriel Tual (FRA) 1:45,70 Minuten
  5. Clayton Murphy (USA) 1:45,77 Minuten
  6. Amel Tuka (BIH) 1:45,98 Minuten
  7. Cornelius Tuwei (KEN) 1:46,53 Minuten
  8. Adrian Ben (ESP) 1:46,74 Minuten
  9. Peter Bol (AUS) 1:47,49 Minuten
  10. Patryk Dobek (POL) 1:50,60 Minuten

800m-Lauf der Frauen (keine Punkte für die Gesamtwertung)

  1. Ellie Baker (GBR) 2:00,45 Minuten
  2. Lore Hoffmann (SUI) 2:01,06 Minuten
  3. Hedda Hynne (NOR) 2:01,17 Minuten
  4. Eglay Nalyanya (KEN) 2:01,26 Minuten
  5. Lovisa Lindh (SWE) 2:01,52 Minuten
  6. Gabriela Gajanova (SVK) 2:01,52 Minuten
  7. Delia Sclabas (SUI) 2:02,18 Minuten
  8. Noélie Yarigo (BEN) 2:02,24 Minuten
  9. Valentina Rosamilia (SUI) 2:05,81 Minuten
  10. Audrey Werro (SUI) 2:06,79 Minuten

* neue persönliche Bestleistung

Athletissima

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