Sifan Hassan hatte Großes vor bei den Olympischen Spielen in Tokio und sie erreichte Grandioses. Gold im 5.000m-Lauf, Gold im 10.000m-Lauf und Bronze im 1.500m-Lauf. Erst zum zweiten Mal in der Olympischen Geschichte gelang einer weiblichen Leichtathletin ein dreifacher Gewinn von Edelmetall. Dafür legte sie in der Woche der Leichtathletik-Bewerbe im Olympiastadion der japanischen Hauptstadt inklusive Vorläufe 24,5 Kilometer zurück, die meisten davon unter Höchstbelastung. Sie selbst bezeichnete ihre Unternehmung dauerhaft als „verrückt“, trotz großer Zufriedenheit und Genugtuung blieb ihr am Ende die Erkenntnis: Sie war müde. Erschöpft.
Attacke auf den Weltrekord
Großes hat Sifan Hassan auch bei der 46. Austragung des Prefontaine Classic in Eugene vor. Sie will nämlich in Teil eins des zweitägigen Meetings am Freitagabend (Ortszeit) den Weltrekord im 5.000m-Lauf verbessern. Diesen hält Letesenbet Gidey seit knapp einem Jahr in einer Zeit von 14:06,62 Minuten, Hassans Europarekord liegt bei 14:22,12 Minuten – also ein ganzes Eck davon entfernt. Doch wenn jemand so einen gigantischen Schritt schaffen kann – und dieser Satz passt auf keine Läuferin besser als auf Allround-Supertalent Sifan Hassan – dann ist es die Holländerin. „Den Angriff auf den Weltrekord in Eugene habe ich schon seit langem geplant. Nach dem Programm bei den Olympischen Spielen wird es aber umso schwieriger“, gibt die 28-Jährige zu bedenken. Läuft sie in die Weltrekord-Gegend, wird sie den Wettkampf auch gewinnen. In Wahrheit ist keine im Feld, die Hassan auf dem Weg zum Sieg aufhalten kann, sofern sich die Olympiasiegerin nicht komplett verpokern würde. Die ehemalige Junioren-Weltmeisterin Beatrice Chebet aus Kenia sowie die Äthiopierinnen Senbere Teferi und Fantu Worku sind die prominentesten Kontrahentinnen.
Weltklassefelder auf den Mittelstrecken
Neben dem 5.000m-Lauf ist auch eine verwandte Distanz, nämlich der Zwei-Meilen-Lauf im Programm und kurioserweise läuft 5.000m-Weltrekordhalterin Letesenbet Gidey nicht gegen Hassan, sondern in diesem Event. Mit der Kenianerin Hellen Obiri, Olympia-Silbermedaillengewinnerin, Gideys Landsfrau Lemlem Hailu, Konstanze Klosterhalfen und Francine Niyonsaba ist der Zwei-Meilen-Lauf hervorragend besetzt.
Noch spektakulärer versprechen die Mittelstreckenläufe zu sein. Olympiasiegerin Faith Kipyegon und Olympia-Bronzemedaillengewinnerin Laura Muir führen den 1.500m-Lauf an, in dem mit Gabriela Debues-Stafford aus Kanada, den Australierinnen Linden Hall und Jessica Hull sowie der Uganderin Winnie Nanyondo weitere potenzielle sub-4-Minuten-Läuferinnen gelistet sind. Einen ganz besonderen Auftritt erhält die 19-jährige Athing Mu, die erstmals seit ihrem bestechenden und goldenen Auftritt bei den Olympischen Spielen in den USA läuft. Mit Keely Hodgkinson, Raevyn Rogers und Jemma Reekie sind auch die Olympia-Zweite, -Dritte und -Vierte mit dabei. In einem derartigen Klassefeld ist Ajee Wilson mittlerweile genauso wie Natoya Goule nur mehr Außenseiterin. Ganz zu schweigen von Weltmeisterin Halimah Nakaayi.
Die letzte Laufentscheidung der Frauen im traditionell Läuferinnen- und Läufer-freundlichen Eugene ist der 3.000m-Hindernislauf der Frauen, den Lokalmatadorin Emma Coburn absagen musste. Mit Überraschungs-Olympiasiegerin Peruth Chemutai, den weiteren Medaillengewinnerinnen Courtney Frerichs und Hyvin Kiyeng sowie Gesa Krause, Winfred Yavir, Mekides Abebe und Celliphine Chespol bei ihrem internationalen Comeback ist für große Spannung gesorgt.
Re-Match Ingebrigtsen-Cheruiyot
Höhepunkt der Laufbewerbe der Männer ist die Bowerman Mile, wo Jakob Ingebrigtsen und Timothy Cheruiyot sich erstmals seit den Olympischen Spielen sportlich gegenüber stehen. Der Norweger hat den Kenianer bekanntlich in Tokio erstmals überhaupt geschlagen, der als Seriensieger zu Olympia angereiste Cheruiyot reagierte mit einer sehr beachtlichen Geste und schenkte dem skandinavischen Ausnahmeläufer direkt hinter der Ziellinie ein Freundschaftsbändchen.
Da Cheruiyot und Ingebrigtsen über die Meile jeweils noch kein Rennen mit absoluter Weltklassezeit bestritten haben, rangieren die beiden kurioserweise nur auf den Positionen sechs und acht der Meldeliste laut persönlichen Bestleistungen. Die Top-Fünf: Stewart McSweyn, Ronald Kwemoi, Matthew Centrowitz, Samuel Tefera und Filip Ingebrigtsen.
Im 800m-Lauf sind die beiden Kenianer Emmanuel Korir und Ferguson Rotich, die unter Olympischen Ringen einen Doppelsieg feiern konnten, die großen Stars. Das US-amerikanische Olympia-Team mit Clayton Murphy, Bryce Hoppel und Isaiah Jewett sind ebenso gemeldet wie das britische Duo Elliot Giles und Oliver Dustin sowie der Kanadier Marco Arop.
Über zwei Meilen kommt es zum Re-Match der Medaillengewinner des 10.000m-Laufs in Tokio: Die Ugander Joshua Cheptegei, später Olympiasieger über 5.000m, und Jacob Kiplimo fodern Selemon Barega, der ihnen über 10.000m in Tokio in die Suppe gespuckt hat. Der US-Amerikaner Paul Chelimo hofft, seine gute Olympia-Form mit nach Eugene gerettet zu haben.
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