Am Samstag ist Gesa Felicitas Krause angetreten, um Deutsche Meisterin zu werden. Das ist ihr gelungen, souverän wie erwartet, in einer Zeit von 9:31,36 Minuten. Womit sie die weiteren Medaillengewinnerinnen Lea Meyer (9:41,02) und Sanaa Schreizmair (10:01,62), die möglicherweise vom Startverzicht von Elena Burkard profitierten, locker im Griff hatte. Soweit, so gut.
Wäre nicht das ominöse Rennen im letzten Jahr gewesen, als Krause unter Tränen nach zwei Drittel der Distanz ausstieg und einen vermeintlichen Pflichttitel auslassen musste („Auch in bin nur ein Mensch, das passiert“, stellte sie damals enttäuscht fest), würde man von Krause einen nationalen Meistertitel als zu normal erachten. Die Preise hat sie selbst in die Höhe getrieben: Zweimal gewann die Deutsche WM-Bronze, das ist in den Laufdisziplinen für eine Europäerin nach wie vor herausragend, insbesondere in dieser Disziplin. Und sie kommuniziert ihr großes Ziel, bei Olympischen Spielen Edelmetall gewinnen zu wollen, seit Jahren offensiv.
Vieles neu im Jahr 2021
Um nach diesen hoch hängenden Trauben greifen zu können, überlässt die akribisch arbeitende Athletin seit Jahren im Verbund mit ihrem Trainer Wolfgang Heinig nichts dem Zufall. „Es ist ein Full-Time-Job ohne Wochenende. Hartes und kontinuierliches Training. Effektives Regenerieren mit viel Schlaf und durchdachter Ernährung. Professionelles Verhalten, ohne dabei die Lockerheit zu verlieren“, sagte die 28-Jährige in einem Interview mit der Website des Laufmagazins RunUp vor einigen Wochen. Das Pandemiejahr, das sie für sich im Interview mit dem Magazin 20.20 als „sportliches Scheißjahr“ bezeichnete, hat einige Veränderungen für Krause gebracht, auch was den Ausrüster betrifft. Zu Jahresbeginn verkündete sie: „Ich starte in das neue Jahr mit großen Träumen, viel Zuversicht und einem neuen Sponsor an meiner Seite. Ich bin aufgeregt, jetzt Teil der Puma-Familie zu sein.“ Außerdem ist sie aus Frankfurt wieder in ihre Heimat ins ländliche Dillenburg gezogen. Eine Auszeit vom Sport im zweiten Halbjahr 2020 hat die ausgezehrten Akkus wieder aufgeladen.
Zweimal Gold in Braunschweig
Anstatt in Kenia bereitete sich Krause in diesem Jahr in der Höhe von Boulder in Colorado auf die Saison vor, in der Halle gelang ihr mit dem Titel im 1.500m-Lauf bei den Deutschen Hallenmeisterschaften ein Achtungserfolg, der Einstieg über die Hindernisse in die Freiluftsaison gelang mit den Rennen in Doha und Braunschweig. „Der Lauf hat sehr viel Spaß gemacht. Es war schön, wieder vor Publikum zu laufen und die Stimmung war klasse“, verbreitete sie nach dem ersten von zwei Wettkampftagen gute Laune.
Diese gute Grundstimmung wurde tags darauf noch besser. Nicht einmal 24 Stunden nach ihrem Sieg in ihrer Spezialdisziplin folgte sie im 5.000m-Lauf dem Tempo von Miriam Dattke und holte zwei Runden vor Schluss zum Konter aus. 15:26,18 Minuten lautete die eindrucksvolle Siegerzeit, Dattke musste sich um 13 Sekunden geschlagen geben. Weitere zwölf Sekunden später folgte Bronzemedaillengewinnerin Denise Krebs. „Es war nicht einfach, an zwei aufeinanderfolgenden Tagen so brutale Strecken zu laufen. Aber ich habe es als Härtetest genutzt, denn in Tokio werde ich auch Vorlauf und Finale haben“, erklärte die Siegerin nach dem Rennen in aller Sachlichkeit.
Mit Titelgewinn zu den Olympischen Spielen
Auch abgesehen von Krause lieferten die Deutschen Meisterschaften 2021 einige hochlassige Laufentscheidungen. Das spannendste Rennen war der 1.500m-Lauf der Männer, in dem Lukas Abele für hohes Tempo sorgte und damit die Rampe für eine Leistungsexplosion bildete. Robert Farken, zuletzt für Deutschland bei der Team-EM im Einsatz und gleich siegreich, stürmte dank einer vorzüglichen Schlussphase zu einer Siegerzeit von 3:34,64 Minuten. Diese persönliche Bestleistung ist gleichbedeutend mit einem Meisterschaftsrekord. Was aber noch viel wichtiger ist: Er hat das Olympia-Limit von 3:35,00 Minuten unterboten, als erster Deutscher. „Riesending! Ich freue mich sehr. Ich wollte endlich mal einen richtig schnellen 1.500er haben. Das hat sich heute glücklicherweise ergeben“, wird der 23-Jährige auf der Website des Deutschen Leichtathletik-Verbandes zitiert.
Überzeugend war auch die Leistung von Marius Probst, der mit einer Verbesserung der persönlichen Bestleistung auf 3:35,88 Minuten Zweiter vor Amos Bartelsmeyer wurde. Homiyu Tesfaye blieb dagegen als Fünfter ohne Medaille.
Gute Zusammenarbeit, schnelles Hindernisrennen
Ein rasantes Rennen aufgrund des kollektiven Interesses an schnellen Zeiten entwickelte sich im 3.000m-Hindernislauf der Männer. Am Ende fehlte dem Sieger Karl Bebendorf mit einer neuen persönlichen Bestleistung von 8:23,28 Minuten nur gut eine Sekunde auf das Olympia-Limit. „Wenn ich irgendetwas nicht bin, dann ist es traurig über die knapp verpasste Norm“, stellte er klar. „Das Rennen war eine Bestätigung dessen, was ich eigentlich kann, und ich bin froh, dass es so geklappt hat. Es kommt selten vor, dass man bei deutschen Meisterschaften so gut kooperiert.“ Silber ging an Frederik Ruppert (8:25,27), Bronze an Jens Mergenthaler (8:29,49). Die Top-Vier liefen allesamt neue „Hausrekorde“.
Siebter Titel in Folge für Hering
Den siebten Titel in Folge sicherte sich Christina Hering im 800m-Lauf der Frauen. Sie setzte sich in einer Zeit von 2:02,48 Minuten vor Katharina Trost und Tanja Spill durch. Seinen Premierentitel feierte dagegen Marvin Heinrich bei den Männern, der in einer Zeit von 1:47,62 Minuten Christoph Kessler und Dennis Biederbick auf die weiteren Plätze verwies. Hanna Klein dominierte den 1.500m-Lauf der Frauen in einer Zeit von 4:13,95 Minuten vor Vera Coutellier und Sara Benfares. Mohamed Mohumed gewann bereits am Samstag in beeindruckender Überlegenheit mit einer beachtlichen Endzeit von 13:30,78 Minuten den Titel im 5.000m-Lauf der Männer.
Ergebnisse Deutsche Meisterschaften 2021 in Braunschweig
800m-Lauf der Frauen
- Christina Hering 2:02,48 Minuten
- Katharina Trost 2:02,92 Minuten
- Tanja Spill 2:03,38 Minuten
- Sarah Schmidt 2:03,61 Minuten
- Majtie Kolberg 2:04,80 Minuten
- Sarah Fleur Schulze 2:07,05 Minuten
800m-Lauf der Männer
- Marvin Heinrich 1:47,62 Minuten
- Christoph Kessler 1:47,81 Minuten
- Dennis Biederbick 1:47,84 Minuten
- Christian von Eitzen 1:48,28 Minuten
- Marc Reuther 1:48,30 Minuten
- Tobias Rex 1:49,43 Minuten
1.500m-Lauf der Frauen
- Hanna Klein 4:13,95 Minuten
- Vera Coutellier 4:17,93 Minuten
- Sara Benfares 4:17,98 Minuten
- Verena Meisl 4:19,93 Minuten
- Fabiane Meyer 4:20,04 Minuten *
- Lisa Hausdorf 4:21,94 Minuten
1.500m-Lauf der Männer
- Robert Farken 3:34,64 Minuten * / **
- Marius Probst 3:35,88 Minuten *
- Amos Bartelsmeyer 3:36,40 Minuten
- Marc Tortell 3:37,41 Minuten *
- Homiyu Tesfaye 3:37,91 Minuten
- Felix Wammetsberger 3:40,35 Minuten *
3.000m-Hindernislauf der Frauen
- Gesa Felicitas Krause 9:31,36 Minuten
- Lea Meyer 9:41,02 Minuten
- Sanaa Schreitzmair 10:01,62 Minuten
- Lisa Vogelgesang 10:04,65 Minuten
- Paula Schneiders 10:06,44 Minuten
- Amélie Svensson 10:18,19 Minuten
3.000m-Hindernislauf der Männer
- Karl Bebendorf 8:23,28 Minuten *
- Frederik Ruppert 8:25,27 Minuten *
- Jens Mergenthaler 8:29,49 Minuten *
- Patrick Karl 8:30,63 Minuten *
- Konstantin Wedel 8:40,08 Minuten
- Brian Weisheit 8:43,50 Minuten *
5.000m-Lauf der Frauen
- Gesa Felicitas Kraus 15:26,80 Minuten
- Miriam Dattke 15:39,40 Minuten
- Denise Krebs 15:51,30 Minuten
- Domenika Mayer 15:53,00 Minuten *
- Rabea Schöneborn 15:53,90 Minuten *
- Blanka Dörfel 15:56,80 Minuten
5.000m-Lauf der Männer
- Mohamed Mohumed 13:30,78 Minuten
- Maximilian Thorwirth 13:48,22 Minuten
- Simon Boch 13:53,53 Minuten
- Marcel Fehr 13:57,82 Minuten
- Tim Ramdane Cherif 14:26,32 Minuten
…
DNF Sam Parsons
* neue persönliche Bestleistung
** neuer Meisterschaftsrekord
Deutscher Leichtathletik-Verband