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Ajee Wilson kehrte unvermittelt auf die Laufbahn zurück und gewann den 800m-Lauf beim World Athletics Indoor Tour Meeting in New York. In den anderen Laufentscheidungen purzelten die Rekorde, gleich drei nordamerikanische Kontinentalrekorde wurden verbessert, plus eine australische Sensation.
800m-Star Ajee Wilson meldet sich in New York erfolgreich zurück
Sensationslauf von Oliver Hoare zu australischem Hallenrekord über 1.500m
Eindrucksvolle US-Rekorde für Donavan Brazier, Bryce Hoppel und Elinor Purrier
Als Ajee Wilson, WM-Dritte im 800m-Lauf von Doha, kürzlich dem britischen Fachmagazin „Athletics Weekly“ ein Telefoninterview gab – der entsprechende Artikel erschien am 5. Februar online, war keine konkrete Comeback-Ankündigung enthalten. Selbst am Morgen des New Balance Indoor Grand Prix in Staten Island, Station drei der World Athletics Indoor Tour der Klasse Gold, wussten nur Insider, dass die beste 800m-Läuferin der Welt in der Post-Semenya-Ära am Nachmittag die Laufbahn des Ocean Breeze Athletics Complex betreten würde. Ein Jahr nach ihrem letzten Wettkampf, als sie bei den US-Hallen-Meisterschaften Gold gewann. Das aufgrund der Pandemie eingeschränkte Wettkampfjahr 2020 ließ sie komplett sausen und widmete sich anderen Bereichen. Sie half bei einer NGO, die sich um traumatisierte Menschen, die aus der Haft entlassen wurden, kümmert. Und kaufte ein Haus in Germantown in Philadelphia, jener Stadt, in der sie seit Jahren trainiert und Wurzeln schlagen möchte. Dieser Stadtteil ist mitunter deswegen bekannt, weil die Stadtgründer aus Deutschland, der Schweiz und Holland laut historischen Aufzeichnungen 1688 den ersten bekannten Protest gegen die Sklaverei in Amerika formulierten.
Sieg im Endspurt
Zurück in die Jetzt-Zeit: Wenige Minuten vor Start des Meetings wurde Wilson offiziell angekündigt. Sie kam, sah und siegte. Das wiederum hätte man aus dem Interview mit „Athletics Weekly“ bereits herauslesen können. Damals sagte die 26-Jährige: „Ich bin bei bester Gesundheit, habe gut trainiert und keine Schwierigkeiten, nicht einmal Kleinigkeiten.“ Was in ihren Ohren wie eine traumhafte Ankündigung klingt, könnten die Lauscher der Konkurrenz als Drohung auffassen.
Das Rennen in New York begann mit einem Schönheitsfehler: Asha Ruth lief viel schneller an, als die Athletinnen in Realität wünschten. Die Tempomacherin erkannte den Fehler und bremste ein, bis sie in der zweiten Runde ihrer Rolle als Lokomotive gerecht wurde. Dementsprechend langsam war die Durchgangszeit von 1:01,39 Minuten für die spätere Siegerin, was ihr bei ihrem Comeback allerdings entgegenkam. Kaela Edwards übernahm das Kommando bis in die letzte Kurve, Wilson überholte sie ausgangs dieser auf der Außenbahn und siegte in 2:01,79 Minuten. Junioren-Europameisterin Isabelle Boffey suchte innen eine Lücke, die nicht aufging und wurde in persönlicher Hallen-Bestzeit von 2:02,45 Minuten Dritte.
Sensation eines No-Names
Für die Sensation des Abends in New York war der Australier Oliver Hoare, den man nicht beleidigte, ihn bis vor diesem Auftritt als No-Name zu bezeichnen, verantwortlich. Der in die USA gezogene Student, immerhin ehemals NCAA Indoor Champion, verblüffte im 1.500m-Lauf alle, als der favorisierte Jake Wightman jeden bis auf ihn abschütteln konnte und der 24-Jährige dem eindrucksvollen Tempodiktat des Briten sogar noch eine unfassbare Antwort gab. 110 Meter vor dem Ziel zog er spielerisch leicht am desillusionierten Schotten vorbei und stürmte in einer Zeit von 3:32,35 Minuten zu einem neuen Meeting- und australischen Landesrekord. Um satte 2,75 Sekunden war er schneller als Australiens Laufstar Stewart McSweyn vor zwei Jahren und liegt nun auf Rang sieben der ewigen Hallen-Bestenliste von World Athletics. Dabei markierte Wightman, der seine Saison mit dem britischen Nationalteam in Dubai und dann in den USA vorbereitet hat, eine persönliche Hallen-Bestleistung knapp vorbei am britischen Rekord von Peter Elliott, musste sich aber um über zwei Sekunden geschlagen geben. In der Verfolgergruppe gab der 20-jährige Neuseeländer Samuel Tanner, ebenfalls Student in den USA, seine Talentprobe ab. Dabei war ihm ein taktischer Fehler unterlaufen und er hatte im Rücken von US-Meister Craig Engels die Beschleunigung von Wightman verpasst. Doch Tanner lief eine tolle Schlussrunde und steigerte in einer Zeit von 3:34,72 Minuten den neuseeländischen Landesrekord von Nick Willis um über eine Sekunde. Der 17 Jahre ältere „Kiwi“ war ebenfalls im Rennen und wurde Siebter, sein junger Landsmann hatte sich lange an ihm orientiert. Der für Deutschland laufende Amos Bartelsmeyer freute sich auf Rang acht ebenfalls über einen persönlichen Hallen-Bestwert von 3:38,16 Minuten.
Purrier läuft drittschnellste Indoor-Zeit über zwei Meilen
Das interessanteste Rennen des Abends war der Zwei-Meilen-Lauf der Frauen. Erstens aufgrund der statistischen Reichweite: In einer Zeit von 9:10,28 Minuten markierte Elinor Purrier die drittschnellste Indoor-Zeit über diese eher selten gelaufene Distanz hinter den Äthiopierinnen Genzebe Dibaba und Meseret Defar und pulverisierte den nordamerikanischen Kontinentalrekord von Jennifer Simpson um satte acht Sekunden. Auch die zweitplatzierte Emma Coburn blieb in 9:15,71 Minuten unter dem alten Rekord, die drittplatzierte Julie-Anne Staehli verbesserte den kanadischen Rekord von Jessica O’Connell um satte 14 Sekunden. Der dritte Landesrekord in diesem Rennen gehört der Britin Amy-Eliose Neale, die in 9:30,69 Minuten um 1,31 Sekunden schneller war als Jo Pavey 2007 in Birmingham.
Zweitens aus Sicht der taktischen Rennentwicklung. Denn angefangen von der zweiten Runde wurde das Rennen mit einer eher langsamen Phase eingeleitet. Die Durchgangszeit zur Halbzeit von 4:41,93 Minuten (Purrier) ließ nicht unbedingt Rekorde erwarten, doch kaum war die Tempomacherin aus dem Rennen beschleunigte die Favoritin merklich. Hindernislauf-Spezialistin Emma Coburn heftete sich an ihre Fersen, doch Purriers Tempodiktat ließ in der drittletzten Runde eine Lücke aufgehen. Eine fantastische Schlussrunde der 25-Jährigen ließ den Abstand auf fünfeinhalb Sekunden aufgehen und markierte einen großen Sieg.
Siege für Hoppel und Brazier
Die beiden schnellsten 800m-Läufer der USA, Bryce Hoppel und Donavan Brazier tanzten in New York auf zwei verschiedenen Hochzeiten, verließen die Bahn aber jeweils lächelnd mit einem US-Hallenrekord in der Tasche. Hoppel zog den 1.000m-Lauf in der entscheidenden Phase von vorne an und beschleunigte nach drei Fünftel der Distanz, so dass eine Lücke zur Konkurrenz entstand. In einer Zeit von 2:16,27 Minuten blieb er eine halbe Sekunde unter dem nordamerikanischen Kontinentalrekord von David Torrence aus dem Jahr 2014. Marco Arop aus Kanada schnappte sich auf den letzten Metern Charlie Grice und wurde in 2:17,10 Minuten Zweiter, der Brite verbesserte den ein Jahr alten britischen Rekord von Jake Wightman auf 2:17,20 Minuten.
Das 800m-Rennen der Männer begann holprig, weil Tempomacher James Bias zu schnell anging und Topfavorit Brazier das Tempo nicht mit gehen wollte. Daher war diese Arbeit ihm keine große Hilfe, doch der amtierende Freiluft-Weltmeister zog auf der zweiten Halbzeit dennoch eine Show ab und steigerte in einer Zeit von 1:44,21 Minuten seinen eigenen US-Rekord um 0,01 Sekunden. Es war ein Triumph im Alleingang. Jamie Webb, Sieger in Wien und Ostrava, lief als Zweiter eine persönliche Hallen-Bestleistung von 1:46,26 Minuten. Brazier ist nun die Nummer vier der ewigen Hallen-Bestenliste von World Athletics, wenn die beiden US-Boys ihre herausragende Verfassung in die Freiluftsaison retten, reisen sie als Favoriten zu den Olympischen Spielen.
Australier McDonald bricht Uralt-Landesrekord
Im Zwei-Meilen-Rennen lief Justyn Knight aus Kanada eine Weltjahresbestleistung von 8:13,92 Minuten vor dem US-Amerikaner Joe Klecker. Der Australier Morgan McDonald steigerte in einer Zeit von 8:14,92 Minuten den sage und schreibe 40 Jahre alten australischen Hallenrekord über diese selten gelaufene Distanz von Kerry O’Brien um über vier Sekunden. Maximilian Thorwirth aus Deutschland kam mit vier Sekunden Rückstand auf den Sieger als Vierter ins Ziel. Und den 1.500m-Lauf der Frauen gewann Heather Maclean in einer Zeit von 4:06,32 Minuten vor ihrer US-amerikanischen Landsfrau Cory McGee und der Irin Siofra Clerigh-Buttner.
Ergebnisse New Balance Indoor Grand Prix 2021
800m-Lauf der Frauen
1. Ajee Wilson (USA) 2:01,79 Minuten
2. Kaela Edwards (USA) 2:02,17 Minuten
3. Isabelle Boffey (GBR) 2:02,45 Minuten *
4. Lindsey Butterworth (CAN) 2:03,91 Minuten
5. Sophia Gorriaran (USA) 2:03,94 Minuten
6. Samantha Watson (USA) 2:04,19 Minuten
7. Adelle Tracey (GBR) 2:04,28 Minuten 800m-Lauf der Männer
1. Donavan Brazier (USA) 1:44,21 Minuten ** / ***
2. Jamie Webb (GBR) 1:46,26 Minuten *
3. Erik Sowinski (USA) 1:47,65 Minuten
4. Sam Ellisson (USA) 1:48,13 Minuten
5. Josh Hoey (USA) 1:48,19 Minuten
6. Robert Downs (USA) 1:50,55 Minuten 1.000m-Lauf der Männer
1. Bryce Hoppel (USA) 2:16,27 Minuten ** / ***
2. Marco Arop (CAN) 2:17,10 Minuten *
3. Charlie Grice (GBR) 2:17,20 Minuten ****
4. Drew Piazza (USA) 2:21,03 Minuten *
5. Victor Palumbo (USA) 2:22,92 Minuten * 1.500m-Lauf der Frauen
1. Heather Maclean (USA) 4:06,32 Minuten
2. Cory McGee (USA) 4:07,21 Minuten
3. Siofra Clerigh-Buttner (IRE) 4:09,67 Minuten *
4. Nikki Hiltz (USA) 4:09,82 Minuten
5. Millie Paladino (USA) 4:10,77 Minuten 1.500m-Lauf der Männer
1. Oliver Hoare (AUS) 3:32,35 *****
2. Jake Wightman (GBR) 3:34,48 Minuten *
3. Samuel Tanner (NZL) 3:34,72 Minuten ******
4. Sam Prakel (USA) 3:36,36 Minuten *
5. Craig Engels (USA) 3:36,49 Minuten *
6. John Gregorek (USA) 3:37,22 Minuten *
7. Nick Willis (NZL) 3:37,53 Minuten
8. Amos Bartelsmeyer (GER) 3:38,16 Minuten * Zwei-Meilen-Rennen der Frauen
1. Elinor Purrier (USA) 9:10,28 Minuten *******
2. Emma Coburn (USA) 9:15,71 Minuten *
3. Julie-Anne Staehli (CAN) 9:22,66 Minuten ********
4. Emily Lipari (USA) 9:26,87 Minuten
5. Helen Schlachtenhaufen (USA) 09:26,95 Minuten
6. Katrina Coogan (USA) 9:27,45 Minuten
7. Amy-Eloise Markovc (GBR) 9:30,69 ****
8. Dani Jones (USA) 9:45,84 Minuten Zwei-Meilen-Rennen der Männer
1. Justyn Knight (CAN) 8:13,92 Minuten ***
2. Joe Klecker (USA) 8:14,20 Minuten *
3. Morgan McDonald (AUS) 8:14,92 Minuten *****
4. Maximilian Thorwirth (GER) 8:17,78 Minuten
5. Eric Jenkins (USA) 8:19,54 Minuten * neue persönliche Indoor-Bestleistung ** neuer US-amerikanischer Hallenrekord *** neue Weltjahresbestleistung **** neuer britischer Hallenrekord ***** neuer ozeanischer Indoor-Kontinentalrekord ****** neuer neuseeländischer Hallenrekord ******* neuer nord- und mittelamerikanischer Indoor-Kontinentalrekord ******** neuer kanadischer Hallenrekord New Balance Indoor Grand Prix World Athletics Indoor Tour
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