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Meilenstein in Valencia – Weltrekord im Halbmarathon
Beim Valencia Halbmarathon, als reines Eliterennen ausgeschrieben, trug sich Historisches zu: Erstmals fiel die Marke von 58 Minuten und dann auch noch von vier Läufern. 57:32 Minuten lautet der neue Weltrekord durch Kibiwott Kandie, der eine grandiose Saison krönte.
Erstmals fällt die Marke von 58 Minuten – gleich viermal
Sieg bei Halbmarathon-Premiere für Genzebe Dibaba
Historisch wird das Jahr 2020 aus anderen Gründen nachhaltig in der Menschheitsgeschichte verankert bleiben. Partiell gesehen, nämlich innerhalb der Interessensgrenzen der Laufwelt, wird das Jahr 2020 auch als Jahr der Rekorde in Erinnerung blieben. Der Halbmarathon in Valencia, traditionell einer der hochkarätigsten der Welt, aber in diesem Jahr aufgrund einer außergewöhnlichen Ansammlung von Weltklasseathleten und der Tatsache, dass er trotz der Pandemie als international geprägtes Eliterennen über die Bühne gehen konnte in einer noch höheren Sonderstellung, schreibt das letzte Kapitel des mittlerweile dicken Lauf-Rekordbuchs des Jahres. Inklusive eines auch unter den vielen Rekorden herausrangenden Höhepunkts, denn gleich vier Läufer blieben auf dem bekannt schnellen Kurs in Valencia unter dem alten Weltrekord von Geoffrey Kamworor (58:01). Fast 15 Jahre, nachdem Haile Gebrselassie in Phönix als erster Halbmarathonläufer unter 59 Minuten gelaufen ist, fiel in Valencia die Marke der 58 Minuten. Und das klar! Und das gleich durch vier Läufer, angeführt vom strahlenden Sieger Kibiwott Kandie, der die Fachleute mit einer Siegerzeit von 57:32 Minuten fast sprachlos hinterlässt. 29 Sekunden schneller als Kamworor in Kopenhagen 2019. Binnen 15 Monaten hat sich der Halbmarathon-Weltrekord der Männer nun um 51 (!) Sekunden weiterentwickelt.
Auch wenn Jacob Kiplimo mit seinem ersten international ernsthaften Halbmarathon bei den Weltmeisterschaften in Gdynia den Titel geholt hat, ist Kibiwott Kandie der beste Halbmarathonläufer des Jahres und das konnte er nach WM-Silber in Valencia noch einmal eindrucksvoll belegen. Nach drei Wettbewerben unter 59 Minuten lief er in der südostspanischen Hafenstadt einen smarten Halbmarathon und diktierte im Finale das Tempo, so dass er sogar den endschnellen und neuerlich fantastisch laufenden Kiplimo in den Griff bekam. Erstens mit einer deutlichen Tempoverschärfung nach 18,5 Kilometern, deren provozierte Antwort Kiplimo an die Leistungsgrenze brachte, der allerdings unmittelbar vor der Zwischenzeit bei Kilometer 20 den Anschluss wieder erkämpfte, und zweitens mit einem langen Spurt Richtung Zielgerade knackte Kandie die Herausforderung und hängte seinen Rivalen entscheidend ab. Die Zeitnehmung stoppte bei 57:32 Minuten, ein neuer fantastischer Weltrekord, der noch einer Prüfung durch World Athletics standhalten muss. Kiplimo folgte in einer Zeit von 57:37 Minuten, Halbmarathon-Debütant Rhonex Kipruto glänzte in einer Zeit von 57:49 Minuten und Alexander Mutiso musste sich mit einer Leistung von 57:59 Minuten unfassbarer Weise mit einem Platz abseits des Siegerfotos zufrieden geben. Die Leistungsdichte, unwahrscheinlich, fast utpoisch.
Optimale Bedingungen für ein Rekordtempo
Kein Wunder, dass angesichts der Voraussetzungen – auch das Wetter spielte bei tief stehender, weil aufgehender Sonne, angenehmen Lauftemperaturen und nur leichtem Wind hervorragend mit – von Anfang an ein hohes Tempo angeschlagen wurde. Kurz vor der Zwischenzeit bei Kilometer fünf kristallisierte sich eine erste echte Spitzengruppe mit zwölf Läufern heraus, 13:37 Minuten waren absolviert. Dieses knackige Tempo konnten natürlich nicht alle mitgehen, die es versuchten. Nach 27:25 Minuten waren die ersten zehn Kilometer absolviert, sieben Läufer lagen an der Spitze. Dass der Weltrekord von Kamworor sehr unter Gefahr stand, zeigte die Tatsache, dass die Zwischenzeit lediglich gut eine Minute über dem Weltrekord im 10km-Straßenlauf lag, obwohl die Athleten wussten, ein weiteres Mal diese Distanz plus den finalen Kilometer bewältigen zu müssen.
Sie taten dies weiterhin in Rekordtempo. Fünf Läufer – Jacob Kiplimo, Rhonex Kipruto, Kibiwott Kandie, Alexander Mutiso und Philemon Kiplimo – passierten die Zwischenzeit bei Kilometer 15 in einer Zeit von 41:10 Minuten. Kurz davor hatte Kandie erstmals die Führung übernommen, nachdem zuvor sehr häufig Jacob Kiplimo die Pace bestimmt hatte. Dessen Fersen hatte der Kenianer bis dato gewählt, um sein Rennen zu bestreiten. Die erste Attacke von Kandie dreieinhalb Kilometer vor der Ziellinie war im Vergleich zu den folgenden noch harmlos. Aber sie kostete erst Philemon Kiplimo, dann Mutiso die Mitgliedschaft in der elitären Spitzengruppe. 10km-Weltrekordhalter Kipruto versuchte sich, einige Minuten lang verbissen im Windschatten von Jacob Kiplimo zu halten, als Kandie das zweite Mal angriff. Vergeblich. Und so entstand der irreführende Eindruck, er könne mit den Großen des Halbmarathons nicht ganz mithalten – obwohl er zwölf Sekunden unterhalb des Weltrekordes blieb.
Das große Finale hatte die Ausgangsposition wie in Gdynia. Kandie hatte attackiert, Kiplimo hatte nach kurzzeitigem Abstand den Anschluss gut einen Kilometer später wieder erlangt. Doch im Gegensatz zum Rennen in Polen vor gut eineinhalb Monaten war dieses Mal die Gegenwehr von Kandie viel substanzreicher und der Kenianer hatte noch einen Pfeil im Köcher. Und das war der Schärfste. 57:32 Minuten nach dem Startschuss um 8 Uhr früh nahmen die Laufsport-Geschichtsschreiber den Stift in die Hand, um die Annalen zu erweitern und Rekordlisten umzuschreiben. Der Sieger strahlte auf dem herrlichen Gelände des Museums für Wissenschaft und Kunst in Valencia mit der Sonne um die Wette. Ein Gesichtsausdruck, der verriet, dass ein Traum in Erfüllung gegangen ist. Die gute Laune ist kein Wunder: Denn unabhängig der genialen sportlichen Leistung gesellten sich zur Siegerpremie von 35.000 Euro dank des Weltrekord eine Prämie von 70.000 Euro und eine Prämie von 30.000 Euro für eine sub-58-Minuten-Zeit – feiner Stundenlohn. 57,5 Minutenlohn.
Grandioses Debüt für Mayo
Im Schatten der Top-Drei galt es auch Alexander Mutiso, Philemon Kiplimo und Kelvin Kiptum zu loben, obwohl sie nicht vom Siegerfoto lächeln – sie alle verbesserten ihre „Hausrekorde“ um über eine Minute – in dieser Dimension ein Riesenschritt. Das hohe Tempo hatte dazu geführt, dass viele Läufer mit ihren Kräften längst am Ende waren, als die Ziellinie noch nicht in Sichtweite war. Das erlaubte zwei europäischen Läufern den Sprung in die Top-Ten. Julien Wanders schaffte als Achter in einer Zeit von 59:55 Minuten einen versöhnlichen Abschluss einer für ihn schwierigen Saison. Unmittelbar hinter ihm huschte der Sensationsmann über die Ziellinie. Carlos Mayo, in jungen Jahren einige Male mit Medaillengewinnen in Nachwuchsrennen der Crosslauf-Europameisterschaften auffällig, U23-Europameister im 10.000m-Lauf von 2017, aber in der Allgemeinen Klasse bisher keine große Nummer, sorgte bei seinem Halbmarathon-Debüt für einen Schock. Der 25-Jährige lief dank einer kräftigen Leistungssteigerung im Laufe des Rennens eine Zeit von 1:00:06 Stunden und setzte sich auf Rang acht der ewigen europäischen Bestenliste. Nur ein Spanier, der langjährige Europarekordhalter Fabian Roncero, war 2001 in Berlin einmal schneller gelaufen als Mayo in Valencia, der immerhin noch 2.000 Euro Preisgeld ergatterte.
Carlos Mayos 5km-Teilzeiten: 14:27 / 14:33 / 14:06 / 14:04 / 2:56 (1,0975 km) Minuten
Debütantin Genzebe Dibaba jubelt
Nach mageren Jahren, die magersten ihrer so erfolgreichen Karriere, hat sich Genzebe Dibaba mit einem beachtlichen Sieg beim Valencia Halbmarathon eindrucksvoll zurückgemeldet. Die 29-Jährige lief bei ihrem Debüt dem Tempomacher der Spitzengruppe bis eingangs der Zielgerade nach und schaffte die letzten Meter als Solistin zu einer starken Zeit von 1:05:18 Stunden. Auf dem Weg hatte sie mit diesem Lauf die höher eingeschätzte Landsfrau Senbere Teferi und die stärkste Kenianerin im Feld, Sheila Chepkirui abgeschüttelt. Mitfavoritin Letesenbet Gidey, die wie Dibaba ihren ersten Halbmarathon laufen wollte, erschien an der Startlinie nicht.
Obwohl das Rennen der Frauen nicht so überragend besetzt war wie jenes der Männer, lieferte es standesgemäß für den Austragungsort sehr schnelle Zeiten. Mit ihrer Siegesleistung ist Dibaba nun gleich auf mit WM-Silbermedaillengewinnerin Melat Kejeta auf Rang 13 der ewigen Bestenliste des Leichtathletik-Weltverbandes (World Athletics). Nur Weltrekordhalterin Ababel Yeshaneh und Yalemzerf Yehualaw, die letzte Woche den Delhi Halbmarathon gewann, liegen in der ewigen äthiopischen Bestenliste vor der Debütantin. Sheila Chepkirui, die als Spätzünderin bisher hauptsächlich auf der 10km-Distanz bestach, gelang der erwartbare, große Leistungssprung zu einer persönlichen Bestleistung von 1:05:39 Stunden, Titelverteidigerin Senbere Teferi blieb in 1:05:51 Stunden ebenfalls unter 1:06 Stunden und sicherte sich den dritten Platz, fast eineinhalb Minuten vor der Kenianerin Dorcas Tuitoek, die in der Anfangsphase häufig die Führung inne hatte.
Ein virtuelles Fotofinish gab es im Kampf um den US-amerikanischen Landesrekord zwischen Emily Sisson, die dieses Ziel sich beim Valencia Halbmarathon auf die Fahnen geheftet hatte, und Moly Huddle, die ihn in einer Zeit von 1:07:25 Stunden auch weiterhin hält. Mit einem konstanten Tempo auf hohem Niveau lief die 29-Jährige über die gesamte Distanz praktisch gleichauf mit der hochgerechneten Pace für den US-Rekord, als ob Greenlights ihr den Weg am Straßenrand weisen würden. Die Kilometerzeiten der US-Amerikanerin waren beeindruckend konstant und verlässlich, so wie – aus ihrer Sicht leider – auch die Zeitnehmung. Eine winzige Sekunde fehlte in einer Endzeit von 1:07:26 Stunden auf die nationale Bestleistung. Dass Sisson ihre persönliche Bestleistung um vier Sekunden steigerte, war dahingehend ein schwacher Trost.
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