Afrikaner lassen Ingebrigtsens hinter sich

© IAAF Diamond League / Gladys von der Laage

Genialer Endspurt von Musagala
Insgesamt lief das Rennen ohne das übliche Tempodiktat Cheruiyots, der Jakob Ingebrigtsens in Lausanne und Monaco jeweils auf Rang zwei verwies, nicht nach Wunsch des Jungspunts aus Norwegen. Die beiden Brüder hielten sich in den ersten beiden Renndritteln überraschend weit hinten in der Gruppe auf, während Ayanleh Souleiman penibelst auf die perfekte Position hinter den Pacemakern achtete. Als Jakob auf der Gegengerade der letzten Runde innen versuchte Plätze gut zu machen, stand er im wahrsten Sinne des Wortes an und musste sich umständlich auf die zweite Bahn drängen, um neuen Schwung aufzunehmen. Dort war bereits Filip vorbeigehuscht und versuchte nun seinerseits die führenden Souleiman und Tefera zu überholen. Ausgangs der Kurve setzte sich Ronald Musagala auf der dritten Bahn neben Jakob Ingebrigtsen und überholte mit dem besten Finish des Tages alle vor ihm liegenden Kontrahenten. „Ich bin überglücklich. Ich habe mich selbst gewundert, welchen Speed ich heute im Finish hatte. Ich hätte mir keinen besseren Endspurt wünschen können“, so der 26-Jährige. Souleiman, der innen spurtete, schnappte er sich wenige Meter vor dem Ziel. Die Zeit von 3:30,58 Minuten bedeutete eine exakte Einstellung seines ugandischen Landesrekords, den er in Monte Carlo gelaufen war. Souleiman folgte 0,08 Sekunden später in Saisonbestleistung, die Ingebrigtsens erzielten Zeiten von 3:31,06 bzw. 3:31,33 Minuten, beides noch hochwertige Leistungen.
Überhaupt war das Rennen voller Qualität. Nicht weniger als zehn Läufer blieben unter 3:32 Minuten. Bezeichnend für diese außergewöhnliche Qualität war die Tatsache, dass der achtplatzierte Australier Stewart McSweyn seine persönliche Bestleistung von 3:31,81 Minuten einstellte, ohne auf einem Spitzenplatz zu landen. Und, dass Hallen-Europameister Marcin Lewandowski seinen eigenen polnischen Rekord um über zwei Sekunden steigerte, aber dennoch „nur“ Zehnter wurde. Mit seinem Triumph schaffte Musagala übrigens den Sprung ins Finalfeld für Brüssel, in dem neben Cheruiypt und Qualifikationssieger Souleiman selbstverständlich auch beide Ingebrigtsens stehen. Doha-Sieger Elijah Manangoi und Lewandowski, der in Paris punktelos blieb, wurden nicht mehr aus den Top-Zwölf verdrängt. Abdelaati Iguider und McSweyn konnten trotz der guten Leistungen nicht genügend Punkte sammeln, um die Final-Qualifikation zu schaffen. Ein starkes Signal setzte Taoufik Makhloufi, Olympiasieger von London 2012, der in seinem ersten Diamond-League-Rennen über seine Spezialidistanz seit drei Jahren eine Zeit von 3:31,77 Minuten erzielte und Siebter wurde. Bei der WM könnte mit dem Algerier daher zu rechnen sein. Keine Freude gab es dagegen bei Nick Willis. Der Neuseeländer, in Rio hinter Makhloufi Olympia-Dritter, verpasste das WM-Limit für Doha und muss – Stand jetzt – über einen Startplatz durch Auffüllen der Starterfelder hoffen.
Kipruto bei Comeback Fünfter
Das mit Spannung erwartete Comeback von Olympiasieger und Weltmeister Conseslus Kipruto im 3.000m-Hindernislauf endete mit einem mittelprächtigen fünften Platz in einer Zeit von 8:13,75 Minuten. Diese Leistung reichte dem 25-Jährigen allerdings, sich Last-Minute für das Diamond-League-Finale in Brüssel zu qualifizieren. „Ich bin froh, endlich wieder Rennen zu laufen. Ich hatte während des gesamten Wettkampfs keine Schmerzen“, sagte der nach dem Rennen erleichtert und kündigte an: „In Brüssel und Doha sehen die Fans wieder den Kipruto, den sie kennen.“ In seinem ersten Auftritt nach überstandenem Ermüdungsbruch im Bein hatte der Kenianer erst einmal zu kämpfen, weil die Pacemaker das richtige Timing für die Tempogestaltung nicht fanden und Kipruto daher anfänglich keinen Rhythmus. Später versteckte er sich genauso wie Soufiane El Bakkali im Mittelfeld. Beide schoben sich in einem nun mit konstanten Tempo geführten Rennen vor den letzten beiden Runden in die Angriffspositionen. Während Kipruto in der Schlussrunde nicht mehr zulegen konnte, attackierte der Marokkaner mit seinen langen Schritten 430 Meter vor dem Ziel. Eine Vierergruppe setzte sich ab, Lemecha Girma versuchte auf der Gegengerade vergeblich einen Konter. El Bakkali hielt die Position auf der Innenbahn und entschied auch den Schlusssport gegen Benjamin Kigen nach dem letzten Hindernis für sich. Seinen dritten Saisonsieg markierte er in einer Zeit von 8:06,64 Minuten. Die Äthiopier Girma und Beyo belegten die Ränge vier und fünf, der Spanier Ibrahim Ezzaydouni freute sich auf Rang acht über eine persönliche Bestleistung von 8:14,49 Minuten.
Premierensieg im zweiten Diamond-League-Rennen
In Abwesenheit von Ajee Wilson ereignete sich im 800m-Lauf, der von einer beachtlichen Geschwindigkeit vom Start weg lebte, eine kleine Überraschung. Mit langen Schritten überholte die US-Amerikanerin Hanna Green, die passend in einem grünen Oberteil lief, die gesamte Konkurrenz und siegte in einer Zeit von 1:58,39 Minuten. Ihre hervorragende Form hatte die 24-Jährige bereits in den letzten Wochen angedeutet, als sie etwa bei den US-Trials in persönlicher Bestleistung von 1:58,19 Minuten nur Wilson den Vortritt lassen musste. „Auf dem Weg zur WM, wo ich in den Finallauf möchte, gibt dieser Erfolg großes Selbstvertrauen“, so Green, die erst ihr zweites Diamond-League-Rennen nach Rang vier in Stanford bestritt.
Während sich Green wie auch die Favoritin Natoya Goule erst einmal hinten ins Feld einordnete, nahm Raevyn Rogers gefolgt von Renelle Lamote und Nelly Jepkosgei das hohe Tempo der Pacemakerin Chanelle Price auf. Nach 55,2 Sekunden war die erste Runde absolviert. Rogers, die ebenfalls im US-Team für die WM steht, hatte auf der Gegengerade sogar einen merklichen Vorsprung auf die Konkurrenz, doch der 22-Jährigen ging auf der Zielgerade das Benzin aus und sie ließ sich auf Rang sechs zurückfallen. Noch schlimmer erging es Lokalmatadorin Lamote, die als Achte aber noch eine Saisonbestleistung erzielte und endlich das WM-Limit von 2:00,60 Minuten unterbieten konnte, und Jepkosgei, die in ihrem ersten Rennen für den Bahrain Letzte wurde. Kurze Zeit sah Goule mit ihrer Mickey-Mouse-Frisur wie die Siegerin aus, als sie außen an Rogers vorbeispurtete. Doch auf Bahn drei hatte Green das beste Ende für sich, die Jamaikanerin folgte in 1:58,59 Minuten vor Winnie Nanyondo aus Uganda (1:58,83). Mit Rang vier schaffte die EM-Dritte Olga Lyakhova auf dem letzten Abdruck den Sprung in die Top-Acht für das Diamond-League-Finale genauso wie Hanna Green und Natoya Goule. Lamote dagegen verpasste dieses Ziel.
Start-Ziel-Sieg für McBride
Ein faszinierendes Duell zwischen Brandon McBride und Wesley Vazquez war der Höhepunkt der einzigen Lauf-Entscheidung, in der es um keine Punkte für das Diamond-League-Ranking ging. Brandon McBride übernahm sofort die Verantwortung für das deutlich unter 50 Sekunden angelaufene 800m-Rennen der Männer. Der Kanadier führte die gesamte Distanz (die erste Hälfte hinter Tempomacher Harun Abda), doch entlang der Zielgerade pirschte sich Vazquez im Windschatten gefährlich nahe an ihn heran. Am Ende rettete sich McBride in der Klassezeit von 1:43,78 Minuten als Sieger über die Ziellinie, Vazquez verbesserte in einer Zeit von 1:43,83 Minuten seinen eigenen puerto-ricanischen Landesrekord. Dass die neue Bahn im Stade Charléty, auf der im kommenden Jahr die Europameisterschaften stattfinden, schnell ist, demonstrierte auch Collins Kipruto, den eine persönliche Bestleistung von 1:44,59 Minuten auf den vierten Platz führte. Er wurde flankiert von seinem Landsmann Michael Saruni und Olympia-Medaillengewinner Clayton Murphy, der nur Fünfter wurde. Ordentlich lief es auch für die Hausherren: Weltmeister Pierre Ambroise Bosse erzielte eine Saisonbestleistung von 1:45,07 (6.), Gabriel Tual eine persönliche Bestleistung von 1:45,84 (9.).
Diamond-League-Meeting in Paris