Andrea Mayr fordert Maude Mathys bei Berglauf-EM in Zermatt

Andrea Mayr beim Jungfrau Marathon 2013. © SIP / Johannes Langer
Inmitten der Alpen beheimatet und damit mit Kernkompetenzen für alpine Sportregionen ausgestattet ist die Schweiz bei der 19. Austragung der seit 2002 jährlich durchgeführten Berglauf-Europameisterschaften erstmals Gastgeber. Mit dieser Premiere versprechen die Eidgenossen eine einzigartige Durchführung dieser kontinentalen Titelkämpfe, denn die Kulisse ist atemberaubend für Berglauf. 22 Viertausender liegen zur Gänze oder teilweise auf dem Gemeindegebiet des Austragungsorts Zermatt, 16 weitere Bergriesen komplettieren die hochkarätige Kulisse im Mattertal im Schweizer Kanton Wallis. Wichtiger als die erlebnisreiche Aussicht ist für die Sportlerinnen und Sportler die Laufstrecke. Sie ist für die Allgemeine Klasse 10,1 Kilometer lang und führt vom autofreien Zermatt in Meereshöhe von 1.604m auf den Riffelberg, der 2.579 Meter über dem Meeresspiegel liegt. 1.030 Höhenmeter im Aufstieg sind dies brutto. Zwei steile Abschnitte im zweiten und vierten Rennviertel wechseln sich mit, was die Steigung betrifft, weniger anspruchsvollen Passagen nach dem Start und hinter der Riffelalp ab. Dort nehmen die Juniorinnen und Junioren ihr 5,9 Kilometer langes Rennen in Angriff, welches weniger aufgrund der Steigung, aber vielmehr aufgrund der Höhe anspruchsvoll sein wird. Der Österreichische Leichtathletik-Verband (ÖLV) ist mit sieben Aktiven in die Westschweiz aufgebrochen. Die besten Chancen auf einen Medaillengewinn hat selbstredend die vierfache Berglauf-Europameisterin Andrea Mayr.
Der Berglauf-EM-Zeitplan am Sonntag, 7. Juli
09:30 Uhr: Start Juniorinnen-Rennen auf der Riffelalp
10:15 Uhr: Start Junioren-Rennen auf der Riffelalp
10:15 Uhr: Start Frauen-Rennen in Zermatt
11:16 Uhr: Start Männer-Rennen in Zermatt
Starke Leistungen in letzter Zeit
Nach diversen Absagen stellt Österreich im Rennen der Frauen erstmals seit langem kein Team, welches in der Vergangenheit stets ein Medaillenkandidat war. Dafür präsentierte sich Einzelstarterin Andrea Mayr (SVS Leichtathletik) bei ihren bisherigen Auftritten im Berglauf in diesem Frühsommer in sehr starker Verfassung – unter anderem bei den Staatsmeisterschaften – und dürfte daher als Favoritin in den Wettkampf am Sonntagvormittag gehen. Allerdings kommt der oberösterreichische Routinier aus der Rolle der Herausforderin. Vor zwei Jahren, als letztmals eine Berglauf-EM auf einem Uphill-Kurs stattfand, endete die kontinentale Siegesserie der 39-Jährigen, als sie sich der Schweizerin Maude Mathys und Sarah Tunstall geschlagen geben musste. Die beiden zählen auch in Zermatt zu den größten Rivalinnen der Österreicherin.
Mathys hofft auf Hattrick
Die Schweiz hat im Frauen-Rennen die besten Chancen auf einen Titel vor heimischem Publikum. Maude Mathys, die 2015 über ein Doping-Delikt gestolpert ist, von Anti Doping Schweiz aber nur verwarnt wurde, strebt nach den Goldmedaillen in den letzten Jahren nach dem Titel-Hattrick. Eine Serie, die bisher nur Andrea Mayr (2013-2015) aufgestellt hat. Mit einer dritten Goldmedaille würde Mathys eine neue Schweizer Bestleistung aufstellen. Martina Strähl und Eroica Spiess (damals noch European Mountain Trophy) haben wie Mathys zweimal gewonnen. Bei den Schweizer Meisterschaften lieferte Mathys eine beeindruckende Leistung ab und deklassierte das restliche Feld.
Neben den bereits genannten sind Anais Sabrié, aus Frankreich, im Vorjahr Silbermedaillengewinnerin, Emma Gould aus Großbritannien, 2018 Dritte, die junge Deutsche Allrounderin Lisa Oed, Pavla Schorna-Matyasova aus der Tschechischen Republik, die dreifache Silbermedaillengewinnerin Valentina Belotti aus Italien, Mateja Kosovelj aus Slowenien, die sich bereits dreimal über Edelmetall freute, und die Slowakin Silvia Schwaiger prominente Läuferinnen im 122 Läuferinnen großen Feld. Neben Lisa Oed nehmen Sarah Kistner, Melanie Noll und Stefanie Doll das Rennen für den DLV in Angriff, womit Deutschland ein erfahrenes Team mit guten Medaillenchancen stellt. Für den Gastgeber sind neben Mathys Viktoria Kreutzer, Theres Lebeuf, Simone Troxler, Skilangläuferin Nathalie von Siebenthal und die mehrfache Orientierungsläuferin Judith Wyder nominiert. Allerdings sind nur vier Läuferinnen pro Nation startberechtigt.
ÖLV-Quartett und italienische Favoriten
Die einzige Teamwertung, an der Österreich teilnimmt, ist jene im Männer-Rennen. Staatsmeister Manuel Innerhofer (LC Oberpinzgau) führt ein Quartett mit Simon Lechleitner (LZZ Tirol), Markus Hartinger (Kolland Topsport Gaal) und Bruno Schumi (Kelag Energy) ins Rennen und möchte an den starken zehnten Platz im Vorjahr anknüpfen. Das Starterfeld umfasst 112 Athleten, das Ergebnis der besten Drei pro Nation fällt in die Nationenwertung.
In den letzten Jahren dominierten die Italiener die Szene auf kontinentaler Ebene. Fünf der letzten sechs Goldmedaillen und zwölf der letzten 18 Medaillen gingen an die „Azzurri“, die auch 2019 die Favoritenrolle inne haben. Erst zweimal gewann Italien nicht die Goldmedaille in der Teamwertung, 1996 und 2017, als jeweils Frankreich vorne lag. In Zermatt, das nur einen Steinwurf von der Grenze zu Italien entfernt ist, wird das italienische Team von Xavier Chevrier und Martin Dematteis angeführt, die in den Jahren 2017 und 2016 Berglauf-Europameister wurden. Martins Zwillingsbruder Bernhard ist dreifacher Titelträger und Titelverteidiger, fehlt dieses Mal allerdings. Dafür sind Nadir Cavagna und Cesare Maestri, im Vorjahr beim italienischen „Sweep“ zwischen den Dematteis-Brüdern Zweiter, dabei. Den italienischen Favoriten in die Suppe spucken könnten am ehesten der aktuelle Weltcup-Führende Andrew Douglas aus Großbritannien und der Norweger Johan Bugge, der 2016 überraschend Europameister wurde. Weitere prominente Namen sind der Schotte Robbie Simpson, 2014 Vize-Europameister und 2018 Medaillengewinner im Marathon bei den Commonwealth Games, und Jan Janu aus der Tschechischen Republik. Simpson gewann zuletzt wie seine Landsfrau Sarah Tunstall den Aletsch-Berghalbmarathon in der Schweiz als EM-Generalprobe.
Bester Schweizer im Rennen ist Rémy Bonnet. Von den restlichen Lokalmatadoren Daniel Lustenberger, Stefan Lustenberger, Werner Marti, Dominik Rolli und Jonathan Schmid werden drei einen Startplatz erhalten. Das deutsche Quartett bilden Marcel Krieghoff, Anton Palzer, Marc Schulze und Maximilian Zeus.
Zwei hoffnungsvolle Berglauf-Talente
In den Rennen der Junioren stellt der ÖLV jeweils einen Einzelkämpfer bzw. eine Einzelkämpferin. Christoph Pölzgutter (ASKÖ Waidhofen/Ybbs), amtierender österreichischer Meister der Altersklasse U20, hat bereits Erfahrungen bei Berglauf-Welt und -Europameisterschaften im Nachwuchsbereich gesammelt. Der 18-Jährige nimmt sich einen Platz im vorderen Viertel vor. Maya Florentina Walcher (runninGraz) zählt mit ihren 15 Jahren zu den jüngsten Teilnehmerinnen und feiert ihr Debüt im Dress des Nationalteams. Sie ist österreichische Meisterin in der Altersklasse U18. Teamleiter Helmut Schmuck traut ihr in einem idealen Rennen sogar eine Top-Ten-Platzierung zu. Klare Favoritin ist die italienische Titelverteidigerin Angela Mattevi, die 2018 das Feld dominiert hat.
Berglauf-EM 2019 in Zermatt