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Die junge Kenianerin Brigid Kosgei hat ihr Potenzial bereits einige Male angedeutet, unter anderem mit zweiten Plätzen beim Chicago Marathon 2017 und beim London Marathon 2018. Zum Sprung in die absolute Weltklasse fehlten ihr noch zwei wesentliche Dinge, die sie…
Die junge Kenianerin Brigid Kosgei hat ihr Potenzial bereits einige Male angedeutet, unter anderem mit zweiten Plätzen beim Chicago Marathon 2017 und beim London Marathon 2018. Zum Sprung in die absolute Weltklasse fehlten ihr noch zwei wesentliche Dinge, die sie beim Chicago Marathon 2018 erledigte. Ein Sieg bei einem World Marathon Major und eine Laufleistung unter 2:20 Stunden.
Die Art und Weise, wie die 24-Jährige sich in Chicago in den elitären Kreis der Marathonläuferinnen katapultierte, war ein Gala-Auftritt. Als Solistin demontierte sie ihre Gegnerinnen im letzten Rennviertel und stürmte als Solistin zu einer Zeit von 2:18:35 Stunden – eine Steigerung ihrer persönlichen Bestleistung um sagenhafte 1:38 Minuten. Brigid Kosgei ist nun die siebtschnellste Läuferin der Geschichte, die neunte, der eine Zeit unter 2:19 Stunden gelang. Dieses Kunststück gelang nun bereits vier Läuferinnen im Kalenderjahr 2018 – eine noch nie da gewesene Klasse im Marathonlauf der Frauen.
Enorme Dominanz ab Kilometer 30
Trotz einer fehlenden Bestleistung unter 2:20 Stunden und trotz fehlender Siege auf der ganz großen Bühne war Kosgei als Favoritin in den Chicago Marathon 2018 gegangen, der bei den Frauen eine kleine, aber feine afrikanische Spitzengruppe vorsah. Der Marathon wurde für die Kenianerin eine Art Steigerungslauf auf hohem Niveau. Als sie die Spitze nach 1:40:01 Stunden über die Zwischenzeit von 30 Kilometern führte, verlor gerade die zweifache Chicago-Siegerin Florence Kiplagat den Anschluss. Die Äthiopierin Birhane Dibaba, die in „Windy City“ bereits zweimal am Stockerl stand, hatte kurz davor aufgrund von Schmerzen im Bein das Handtuch geworfen. Nun begann der Gala-Auftritt Brigid Kosgeis. Sie verschärfte das Tempo, hängte damit die beiden Äthiopierinnen Roza Dereje und Shure Demise ab und lief auf den letzten zehn Kilometern einen Vorsprung von fast drei respektive fast vier Minuten auf die beiden heraus. Damit generierte sie einen beeindruckenden Negativ-Split mit Halbmarathon-Teilzeiten von 1:10:09 und 1:08:26 Stunden und ließ sich ein Preisgeld von 100.000 US-Dollar gutschreiben (das entspricht rund 87.000 Euro). „Ich bin überglücklich. Ich habe meine Leistung heute ohne Schwierigkeiten wie geplant umsetzen können und das Rennen auch bei Regen genossen“, so Kosgei. Trotz dieser eindrucksvollen Daten ist Kosgeis Siegerzeit „nur“ die drittschnellste in der 41-jährigen Geschichte des Chicago Marathon. Paula Radcliffe bei ihrem Streckenrekord 2002 (2:17:18) und Vorjahressiegerin Tirunesh Dibaba (2:18:31) waren noch schneller. Diese Tatsache demonstriert, welch besonderes Pflaster die Strecke des Chicago Marathon auch für die Frauen-Elite ist.
Die Teilzeiten von Brigid Kosgei auf dem Weg zum Sieg – alle fünf Kilometer (in Klammer die Zwischenzeiten der zweitplatzierten Roza Dereje): 16:48 (16:48) – 16:36 (16:36) – 16:25 (16:25) – 16:43 (16:43) – 16:57 (16:57) – 15:36 (16:21) – 15:47 (17:07) – 7:11 (7:49)
Konkurrenz chancenlos
Die Rennstrategie gelang hervorragend, denn die fünf Eliteläuferinnen überquerten die Zwischenzeit beim Halbmarathon einträchtig in einer Zeit von 1:10:09 Stunden. Nach der langsamsten Phase des Rennens folgte das entscheidende Drittel, wo die Post abging. Erst stieg Dibaba aus, dann verpasste Florence Kiplagat den Anschluss. In ihrem ersten Rennen seit exakt einem Jahr zeigte sich die 31-Jährige von ihrer schweren muskulären Verletzung gut erholt, aber noch nicht wieder in Top-Form. In einer Zeit von 2:26:08 Stunden wurde sie Vierte. Ihre Landsfrau Veronicah Nyaruai, die nun wirklich nicht zum Favoritenkreis gezählt hat, hatte überraschenderweise knapp 15 Kilometer mit der Spitze mitgehalten und rettete sich zu Platz fünf in einer persönlichen Bestleistung von 2:31:34 Stunden. Es war ihr zweiter Marathon.
Während Roza Dereje, im Jänner sensationelle Siegerin des Dubai Marathon in einer Weltklassezeit von 2:19:17 Stunden, ihre Pace nach Kilometer 30 in etwa weiter verfolgte und gegen Ende etwas langsamer wurde, startete Brigid Kosgei nun durch und nahm ihrer 21-jährigen Kontrahentin pro 5km-Abschnitt im Durchschnitt rund eine Minute ab. Diese Diskrepanz führte zu einem gewaltigen Leistungsunterschied im Resultat. Während Kosgei mit 2:18:35 Stunden in die absolute Weltklasse vorstieß und nun vor Catherine Ndereba die Nummer vier in der kenianischen, ewigen Bestenliste ist, erzielte Dereje in 2:21:18 Stunden ihre zweitbeste Marathonzeit und ein Top-Ergebnis bei ihrem World-Marathon-Majors-Debüt. Stark war auch der Auftritt der 22-jährigen Shure Demise, die in einer Zeit von 2:22:15 Stunden nur acht Sekunden langsamer war als in Tokio und die drittbeste Leistung ihrer Karriere ablieferte. Die drei Schnellsten in Chicago bildeten ein beachtlich junges Stockerl.
US-Amerikanerinnen hinter den Erwartungen
Wenig zu lachen hatten die US-Amerikanerinnen beim Chicago Marathon. Dank des klein geschneiderten Elitefelds erreichte Sarah Crouch zwar den sechsten Platz, keiner Lokalmatadorin gelang jedoch ein Marathon unter 2:30 Stunden. Crouchs Endzeit lautete 2:32:37 Stunden, eine persönliche Bestleistung, fünf Sekunden später folgte Taylor Ward. Triathlon-Olympiasiegerin Gwen Jorgensen konnte in ihrem ersten seriösen Marathon in einer Zeit von 2:36:23 Stunden nicht überzeugen, die auf dem Papier stärkste Laura Thweatt war bereits während der ersten Rennhälfte ausgestiegen. Die verletzungsbedingten Absagen der Top-Läuferinnen Amy Cragg und Jordan Hasay konnten sie alle nicht kompensieren. Bemerkenswert war dagegen die Leistung der mittlerweile 61 Jahre alten Joan Samuelson (gebürtige Benoit), Premieren-Olympiasiegerin im Marathon im Jahr 1984. Sie finishte in einer Zeit von 3:12:13 Stunden.
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