RunAustria-Jahresrückblick – Flop-5 der Herren

Dennis Kimetto bei seinem Weltrekordlauf 2014 in Berlin. © SIP / Johannes Langer
Seit 2014 hält Dennis Kimetto den Weltrekord im Marathonlauf. Ein Standing, dem er seither nicht mehr entsprechen kann. Die Wettkampfsaison 2017 war eine einzige Enttäuschung für den Kenianer. Wo es frenetischen Jubel gibt, gibt es auch bittere Enttäuschungen. Das mussten nicht nur einige kenianische Stars erleiden, sondern auch der Ugander Joshua Cheptegei bei den Crosslauf-Weltmeisterschaften vor heimischem Publikum. Die Hitparade der größten sportlichen Enttäuschungen der abgelaufenen Laufsaison beginnt allerdings mit einer traurigen Schlagzeile eines Helden.
Ed Whitlock – Meister der Masters
Zig-facher Masters-Weltrekordhalter – verstorben am 13. März 2017
Erst im Alter von 41 Jahren startete Whitlock seine Laufkarriere. 2003 knackte er im Alter von 72 Jahren als erster Über-70-Jähriger die Drei-Stunden-Marke im Marathon, als er den Toronto Marathon in einer Zeit von 2:59:10 Stunden finishte. Diese Leistung sollte er im Jahr darauf um über vier Minuten verbessern. Noch im Jahr 2016 gelang ihm in Toronto ein weiteres Highlight: Im Alter von 85 Jahren unterbot er die Vier-Stunden-Marke und lief in Toronto nach 3:56:33 Stunden ins Ziel – einmalig in der Geschichte des Laufsports. Nur ein halbes Jahr später verstarb Whitlock eine Woche nach seinem 86. Geburtstag in einem Krankenhaus in Toronto, wo er aufgrund eines Prostatakrebsleidens behandelt wurde.
Joshua Cheptegei – massiver Einbruch
Dramatisches Finale bei den Crosslauf-Weltmeisterschaften – 26. März 2017
Joshua Cheptegei, 21 Jahre jung, war den Lauffans bereits bei den Olympischen Spielen in Rio de Janeiro aufgefallen, als er auf beiden Langdistanzen ins Spitzenfeld lief. Vor heimischem Publikum sollte nun der ganz große Coup gelingen. Bis unter die Haarspitzen motiviert nahm der Youngster volles Risiko und verschärfte gegen Rennmitte das Tempo merklich. Dabei hängte er sogar Titelverteidiger und Topfavorit Geoffrey Kamworor aus dem benachbarten Kenia ab. Die Zuschauer waren komplett aus dem Häuschen, ohrenbetäubender Lärm begleitete das Rennen. Der letzte Kilometer war längst erreicht, als das Unfassbare passierte. Joshua Cheptegei war mit seinen Kräften am Ende und brach völlig ein. Hilflos und sichtlich geistig abwesend musste er auf den letzten 500 Metern nicht weniger als 29 Konkurrenten passieren lassen. Ferngesteuert überquerte er die Ziellinie, das Stadion verharrte im Schockzustand. Ein Einbruch in derartigen Dimensionen ist auch im Laufsport eine Seltenheit.
Wochenlang brauchte Joshua Cheptegei, um dieses dramatische Ereignis zu verarbeiten. Monatelang wurde er immer wieder auf dieses Rennen angesprochen, die Mitleidsbekundungen gingen ihm auf die Nerven. Doch der 21-Jährige holte zur richtigen Reaktion aus und gab seine Antwort auf der Laufstrecke im Stile eines Großen. Bei den Weltmeisterschaften in London zwang er im 10.000m-Lauf Superstar Mo Farah an dessen Leistungsgrenze und holte in einer persönlichen Bestleistung von 26:49,94 Minuten die Silbermedaille. Im November schrammte der Ugander beim Sieben-Hügel-Lauf nur um drei Sekunden am Weltrekord im 15km-Straßenlauf vorbei.
Ezekiel Kemboi und Asbel Kiprop – Kenias Stars entthront
Ende der WM-Serien – 8. und 13. August 2017
Als Ersten erwischte es Hindernisläufer Ezekiel Kemboi, bei der WM in London bereits 35 Jahre alt. Eigentlich hatte er seine Karriere bereits beendet, doch eine Disqualifikation und damit der Verlust der erträumten Olympia-Medaille in Rio nötigte ihn zur Trotzreaktion, in London zurückschlagen zu wollen. Seine Vorleistungen machten keine Hoffnung auf einen Erfolg, die glorreiche Vergangenheit schon. Viermal in Folge gewann Kemboi WM-Gold, davor holte er dreimal WM-Silber. Dazu kamen die Olympiasiege von 2004 und 2012. In London wollte der ehemalige Dominator noch einmal zu großen Coup ausholen, doch der Plan misslang. Rang elf beendete die beeindruckendste Erfolgsserie in einer Laufdisziplin in der Geschichte von Weltmeisterschaften.
Am Schlusstag der Weltmeisterschaften lechzte mit Asbel Kiprop ein weiterer kenianischer Superstar nach einer weiterer WM-Goldmedaille – obwohl er verletzungsbedingt spät in die Saison startete und dementsprechende Resultate vorwies. Während er bei den vergangenen Olympischen Spielen nach Olympia-Gold 2008 jeweils taktische Schwächen demonstrierte, glückten ihm drei WM-Titel in Folge. In London riss die Serie, weil seine jungen Landsleute Elijah Manangoi und Timothy Cheruiyot viel stärker waren. Als Neunter ging Kiprop ebenso leer aus wie Kemboi fünf Tage zuvor. Während der 35-Jährige seine Karriere auf der Bahn beendet hat und nun im Straßenlauf angreift, hat auch der 28-jährige Kiprop die Zeichen der Zeit erkannt. Er erweitert seinen Horizont und will zukünftig versuchen, die durch den Abgang von Mo Farah eröffneten Möglichkeiten im 5.000m-Lauf für sich zu nutzen.
Kenenisa Bekele – Große Worte, kleine Taten
Ausstieg beim Berlin Marathon – 24. September 2017
Der Start ins neue Jahr hätte ungünstiger kaum laufen können: Beim Dubai Marathon, Attacke Nummer eins auf den Weltrekord, fiel er im Start-Getümmel nach wenigen Metern auf die Nase. Gezeichnet von Abschürfungen kämpfte sich der Star ins Rennen zurück, musste jedoch kurz nach Halbzeit mit Schmerzen an der Wade aufgeben. Attacke Nummer zwei war für den London Marathon geplant, Bekele kündigte Top-Form an. Zeigen konnte er sie nicht, im Kampf um den Sieg musste er sich dem Kenianer Daniel Wanjiru geschlagen geben. Der Weltrekord geriet bei diesem Rennen nie in Gefahr. Alle guten Dinge waren 2017 für Bekele nicht drei, denn auch beim Berlin Marathon gelang die Attacke auf den Weltrekord nicht. Das Elitefeld war mit Eliud Kipchoge und Wilson Kipsang hervorragend besetzt. Doch bei strömendem Regen – Bedingungen, die dem Äthiopier nicht behagen – hatte Bekele keine Chance und stieg nach zwei Dritteln der Distanz aus. Anschließend warf ihm sein Manager Jos Hermens mangelnde Professionalität vor.
Dennis Kimetto – Saison ohne Ergebnis
Ausstieg beim Honolulu Marathon – 10. Dezember 2017
2017 war eine Saison voller Pleiten, Pech und Pannen. Den Boston Marathon musste Kimetto verletzungsbedingt absagen. Im Sommer wurde der Kenianer als Top-Star beim Wörthersee Halbmarathon angekündigt. Gekommen ist er nicht. Das nächste Ziel lautete: Chicago Marathon. Dieses Mal reiste Dennis Kimetto an und erschien zum Startschuss. Kurz nach dem Halbmarathon verließ er das Rennen – chancenlos gegen die Spitzengruppe. Der Höhepunkt der Negativ-Serie passierte ihm beim Honolulu Marathon: Beim Halbmarathon verweilte Kimetto noch in der Spitzengruppe, ehe er kurz darauf einbrach und bei Kilometer 25 von der entfesselnden späteren Siegerin Brigid Kosgei überholt wurde. Für den Weltrekordhalter das Signal, erneut das Handtuch zu werfen.