Das „4%-Wunder“ aus dem Hause Nike

Selten in der Geschichte des Laufsports wurde ein Laufschuhmodell so effektiv und so aufwändig promotet wie der Nike Zoom Vaporfly. Selten zuvor waren die Versprechungen des Herstellers so verlockend wie im Rahmen dieser einzigartigen Marketingaktion. Eine Energieeinsparung von 4% verspricht der US-Sportartikelgigant mit dem innovativen Modell namens Nike Zoom Vaporfly. Diese wissenschaftlich nicht exakt bezifferbare, aber spürbare Leistungssteigerung sei durch einen extrem minimierten Energieverbrauch beim Laufen möglich. Hauptsächlich dafür verantwortlich ist die hervorragende Dämpfung, die laut wissenschaftlichen Erkenntnissen 87% der umgesetzten Energie bei einem Schritt zurückgewinnen kann und damit erheblich mehr als Konkurrenz-Modelle.
 

Breaking-2 in Monza

Mit dieser Ambition angetreten versuchte Nike gemeinsam mit Eliud Kipchoge und einem hochspezialisierten Team an Sportlern und Experten, auf der Rennstrecke in Monza das schier Unmögliche zu realisieren. Am Ende verpasste der kenianische Star die Zwei-Stunden-Marke, wenn auch knapper, als viele erwartet hatten. Einen entsprechenden Anteil am Erfolg wurde dem Nike Zoom Vaporfly zugesprochen. Die Sportwissenschaft bestätigt nun die versprochenen Leistungsparameter des „Wundermodells“. Da die Renninszenierung in Monza allerdings unter nicht vergleichbaren Bedingungen stattfanden, ist eine Analyse hinfällig.
 

Energieeinsparung um durchschnittlich 4%

Laut einer im Fachmagazin „Sports Medicine“ veröffentlichten Studie der University of Colorado unter der Leitung der Biomechanik-Experten Rodger Kram und Wouter Hoogkamer sparten die an der Studie beteiligten Probanden bei den Experimenten zwischen 2 und 6% ihrer Energie – also durchschnittlich 4% – wenn sie den Nike Zoom Vaporfly trugen. Die 18 jungen Probanden (Vorfuß-, Mittelfuß-, und Fersenläufer ausgewogen), deren Leistungsstärke bei 10km-Bestzeiten von unter 31 Minuten lagen, liefen diverse Strecken auf dem Laufband mit drei verschiedenen Schuhmodellen – neben dem Nike Zoom Vaporfly waren dies der Nike Zoom Streak und der Adidas Adios Boost 2, Nachfolger des Weltrekord-Schuhs von Dennis Kimetto. Es gab keinen Probanden, der keine Energieeinsparung mit dem neuen Modell vorweisen konnte.
Die Probanden liefen bei den Testläufen also nicht schneller, die Resultate zeigen nur, dass sie umgemünzt in der Realität eine längere Strecke schneller absolvieren würden, da sie besser mit der Energie haushalten könnten. „Die Energieeinsparung war bei den diversen Geschwindigkeiten sehr konstant. Sprich, die Laufökonomie verbessert sich mit dem Nike Zoom Vaporfly“, analysiert Hoogkamer und spricht von bemerkenswerten Ergebnissen, merkte aber an: „Allerdings haben wir ihn bei moderatem Tempo, das viele Freizeitläufer anschlagen, nicht getestet.“ Die Experten halten es für sehr wahrscheinlich, dass der Nike Zoom Vaporfly auch bei niedrigerem Tempo seine Stärken entfalten kann.
 

Top-Ergebnisse im Marathon-Herbst

Es ist also noch nicht einwandfrei geklärt, ob der Nike Zoom Vaporfly tatsächlich einen merklichen Leistungsboost entfacht. Auffallend sind jedoch die jüngsten Top-Ergebnisse, die im Marathon-Geschäft mit dem Nike Zoom Vaporfly erzielt worden sind. Eliud Kipchoge lief im strömenden Regen von Berlin eine Weltjahresbestleistung, Shalane Flanagan triumphierte als erste US-Amerikanerin seit vier Jahrzehnten beim New York City Marathon und Sondre Nordstad Moen lief beim Fukuoka Marathon als erster Europäer eine Zeit von unter 2:06 Stunden. Vor allem bei Flanagan (nicht gepactes Rennen) und Moen (gepactes Rennen) stach ins Auge, dass beide im letzten Drittel ordentlich zulegen konnten. Also noch Energie für eine Beschleunigung übrig hatten.
 

Kritik an Studienergebnissen

Kritik an den Studienergebnissen gibt es laut einem Artikel auf der Website von „Athletics Weekly“ aus zwei Gründen. Erstens sei die Studie von Nike finanziert worden. Zweitens waren sich die Probanden jederzeit bewusst, welches Modell sie an den Füßen hatten, so dass ein Placeboeffekt nicht auszuschließen sei.
Der anerkannte südafrikanische Sportwissenschaftler Ross Tucker kritisierte die generelle Entwicklung und sprach sich in einem Artikel auf der Website der südafrikanischen Zeitung „Sunday Times“ sogar für eine Reglementierung der technischen Innovation von Laufschuhen, die nur für Profisportler produziert werden, aus – um Wettbewerbsnachteile zu vermeiden.
Der Nike Zoom Vaporfly ist zum Verkaufspreis von 250€ erhältlich.
 
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