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„Es war wirklich kalt. Ganz andere Bedingungen als in Kenia“, lächelte Agnes Tirop nach dem Rennen, zitternd und eingehüllt in eine wärmende Folie in goldener und silberner Farbe, welche eher von Rettungsaktionen bekannt sind, um Menschen vor Unterkühlung zu schützen.…
„Es war wirklich kalt. Ganz andere Bedingungen als in Kenia“, lächelte Agnes Tirop nach dem Rennen, zitternd und eingehüllt in eine wärmende Folie in goldener und silberner Farbe, welche eher von Rettungsaktionen bekannt sind, um Menschen vor Unterkühlung zu schützen. Dabei ging das Jahr 2016 in Bozen im mitteleuropäischen Empfinden geradezu optimal zu Ende. Windstille bei untergehender Sonne, strahlend blauer Himmel und nahezu frühlingshafte Temperaturen zur Mittagszeit.
Im Gegensatz zu den Wetterbedingungen waren sich bei der Frage nach den sportlichen Leistungen alle einig. Gut zwei Monate vor den Crosslauf-Weltmeisterschaften in Uganda hat die amtierende Weltmeisterin in dieser Disziplin beim traditionellen BOclassic ein deutliches Signal ausgesandt. Agnes Tirop nähert sich wieder der Topform, nachdem sie nach ihrem Crosslauf-WM-Titel 2015 immer wieder durch Verletzungen zurückgeworfen wurde.
Hochklassiges Duell mit Burka
„Ich hätte nicht gedacht, dass ich gegen Burka gewinnen könnte. Aber es war ein richtig gutes Rennen, sicherlich mein schnellstes Straßenrennen“, analysierte die Siegerin. Erwartungsgemäß entwickelte sich auf der auf vier Runden aufgeteilten 5km-Strecke nach einer ersten Runde im konservativen Tempo ein klassisches Ausscheidungsrennen, welches ab der Halbzeit in einem Duell zwischen der Kenianerin Agnes Tirop und der Äthiopierin Gelete Burka gipfelte. Dabei gelang es Tirop hervorragend, das Tempo zu gestalten und damit ihre Taktik der Konkurrentin aufzuzwingen. Burka war vor vier Jahren zwar Olympia-Fünfte im 5.000m-Lauf, konzentrierte sich aber in den vergangenen Jahren eher auf die doppelte Distanz, wo sie Zweite bei den Weltmeisterschaften von Peking und Achte bei den Olympischen Spielen von Rio wurde.
Die bessere Grundschnelligkeit, die Tirop von den kürzeren Distanzen her gewöhnt ist, machte sich die Crosslauf-Weltmeisterin zu Nutze, als sie aus der einzigen wirklich engen Kurve direkt vor dem Bozner Hauptbahnhof abrupt beschleunigte und die entscheidende Lücke öffnete. Damit war wenige hundert Meter vor dem Ziel die Vorentscheidung gefallen, Tirop durchtrennte das Zielband nach 15:44 Minuten. Die hervorragenden Bedingungen und die hervorragenden Leistungen spiegelten sich auch in der Statistik wieder. Beim elften kenianischen Sieg in der langen Geschichte des Silvesterlaufs in Bozen erzielte die Siegerin die schnellste Siegerzeit seit 1998 (damals gewann Marima Denboba aus Äthiopien ebenfalls in 15:44 Minuten) und damit ex aquo die zweitschnellste hinter dem Uralt-Streckenrekord der Deutschen Kathrin Ullrich aus dem Jahr 1991 (15:35 Minuten).
Neuenschwander Achte
Maja Neuenschwander, ehemalige Siegerin des Vienna City Marathon, beendete ihr Jahr 2016 mit einer ordentlichen Leistung. Die Marathon-Spezialistin hielt sich in den ersten Augenblicken des Rennens an der Spitze, musste jedoch bei der ersten Tempoverschärfung der Afrikanerinnen abreißen lassen. Am Ende belegte die Schweizerin den achten Platz.
Im Kampf um den dritten Podestplatz musste sich die Äthiopierin Etenesh Diro lange gegen die gut laufende Britin Steph Twell wehren. Erst kurz vor dem Ziel war der Wille der zweifachen Junioren-Crosslauf-Europameisterin gebrochen.
Bekanntes äthiopisches Duell
Die Duelle zwischen den Äthiopiern Muktar Edris und Imane Merga haben beim BOclassc bereits Tradition. Dreimal hat Merga bereits in der größten Stadt Südtirols gewonnen, als ausgerechnet sein Landsmann Edris 2014 diese Serie im vielleicht spannendsten Zieleinlauf der 42 Jahre langen Geschichte der Veranstaltung beendete.
In diesem Jahr endete das Duell der beiden mit dem selben Ausgang wie damals, allerdings etwas weniger spektakulär. Muktar Edris, heuer trotz zweier Erfolge in der Diamond League über 5.000m nicht für die Olympischen Spiele berücksichtigt, forcierte frühzeitig und beendete seinen langen Schlussspurt in einer Zeit von 28:52 Minuten. „Ich habe auf den Angriff von Imane gewartet. Als dieser nicht kam, habe ich attackiert. Es war kein leichtes Rennen“, rekapitulierte der Sieger. Die Herren absolvierten acht Runden und damit die Distanz von zehn Kilometern. Merga erreichte zwei Sekunden später das Ziel, das Podest komplettierte der Kenianer Jairus Birech, der im Kampf um Rang drei seinen Landsmann Thomas Longosiwa besiegte. Es war der fnfte äthiopische Sieg in Serie beim BOclassic.
Tadesse Abraham mit gelungenem Abschluss
Von Beginn an entwickelte sich ein strategisch geführtes Rennen mit gleichmäßigem Tempo. Die achtköpfige Spitzengruppe absolvierte die Runden zwei, drei und vier allesamt in einer Zeit von 3:37 Minuten (eine Runde hatte eine Länge von 1.250 Metern, vorrangig auf Kopfsteinpflaster, Anm.). Den beiden Italienerin Yemaneberhan Crippa und Marouan Razzine war dieses Tempo etwas zu schnell, sie konnten den Anschluss nicht halten.
Zu sechst ging die meist von Birech und Edris angeführte Spitzengruppe in die letzte Runde, als die Post abging. Dabei machte der Schweizer Tadesse Abraham, der mit seinem EM-Titel im Halbmarathon und Rang sieben im Olympischen Marathon in dieser Saison multiple Glanzpunkte setzte, wie im gesamten Rennen eine gute Figur und beendete das Rennen in einer Zeit von 29:07 Minuten auf dem fünften Platz. Als bester Italiener überquerte der junge Yemaneberhan Crippa völlig ausgepowert das Ziel auf Rang sieben.
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