Philemon Rono: Sieg trotz Sturz beim Aufwärmen

© Toronto Marathon / Victah Sailer
© Toronto Marathon / Victah Sailer
Es gibt anerkannte, bessere Wege der Vorbereitungen als jenen, den der Kenianer Philemon Rono beim Toronto Marathon wählte – unabsichtlich versteht sich. Beim Aufwärmen dehnte er sich und lehnte dabei sein Bein auf ein der Streckenbegrenzung dienendes Gitter. Dieses löste sich jedoch aus der Verankerung und fiel auf den Kenianer, der schmerzhaft zu Boden stürzte und eine klaffende Wunde im Gesicht davontrug. Nach Rücksprache mit seinem Management ging Rono – die Wunde gestillt – trotz Kopfschmerzen an den Start. „Ich fühlte mich überhaupt nicht gut und wollte eigentlich gar nicht starten. Dann habe ich es versucht, aber hatte natürlich gar keine Hoffnungen auf den Sieg.“

Inspiriert vom Olympiasieger

Wer weiß, vielleicht war es genau dieser Gott sei Dank glimpflich ausgegangene Unfall vor dem Rennen, der den Druck von den Schultern Ronos nahm. Denn an seiner Leistungsfähigkeit hatte der Sturz nicht genagt, mit einer starken Ausdauerleistung im Finale setzte er sich klar gegen die Konkurrenz durch und feierte in einer Zeit von 2:08:26 Stunden einen großartigen Sieg. „Nachdem, was heute Morgen passiert ist, ist das eine Überraschung. Aber allmählich hatte ich mir schon etwas ausgerechnet, da ich mich stark fühlte“, so der 25-Jährige, der heuer beim Hamburg Marathon in Frühjahr den zweiten Platz belegt hat. Inspiriert hat ihn der grandiose Olympiasiegs seines Trainingspartners Eliud Kipchoge. „Es ist optimal, einen Trainingskollegen wie ihn zu haben. Er hat mir prophezeit, dass ich dieses Rennen gewinnen würde. Das hat mir eine Menge Selbstvertrauen verliehen.“

Ausscheidungsrennen im Regen

Bei relativ hohen Temperaturen, das Thermometer in der kanadischen Metropole zeigte am Start 18°C an, schlugen die Pacemaker ein Tempo an, um den Streckenrekord von 2:07:05 Stunden zu attackieren. In einer Zeit von 1:03:22 Stunden passierte die Spitzengruppe die Halbmarathon-Marke. Dies war etwas zu schnell, neben den steigenden Temperaturen machte vor allen Dingen die 90%ige Luftfeuchtigkeit den Läufern zu schaffen, einsetzender Regen sorgte für rutschigen Untergrund. Und so war klar, dass derjenige am Ende ganz oben stehen würde, der am meisten Kraft im Finale hatte.

© Toronto Marathon / Victah Sailer
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Bei Kilometer 27 übernahm der Äthiopier Seboka Dibaba das Kommando. Der 28-Jährige mit dem in Äthiopien augenscheinlich beliebten Läufer-Nachnamen feierte ein bärenstarkes Comeback nach zwei Operationen an der Liste und war am Ende mit dem zweiten Platz sehr zufrieden, auch wenn er im Finale Rono nicht mehr folgen konnte. Das Podest komplettierte Albert Korir, während Vorjahressieger Ishhimael Chamtan mit Rang vier Vorlieb nehmen musste. Damit war der Läufer mit der Startnummer 1 eine gute Minute schneller als der beste Kanadier Eric Gillis auf Rang fünf, der sich den Traum vom kanadischen Landesrekord trotz guter Leistung nicht erfüllen konnte.
Julius Arile, Hauptdarsteller im in Toronto präsentierten, neuen Film „Gun Runner“ (siehe RunAustria-Bericht), erwischte keinen guten Tag und musste sich mit Rang sieben in einer Zeit knapp über 2:20 Stunden zufrieden geben.

Historischer Sieg für Demise

Die Äthiopierin Shure Demise, die als Titelverteidigerin in der Favoritenrolle ins Rennen ging, konnte sich mit einem weiteren Triumph in Toronto in die Geschichtsbücher der Veranstaltung eintragen. Beim 17. Toronto Marathon gelang es erstmals einer Athletin, das Rennen zum zweiten Mal zu gewinnen. „Das war ein super Rennen“, jubelte die erst 20 Jahre alte Läuferin, die heuer in Dubai einen inoffiziellen Junioren-Weltrekord von 2:20:59 Stunden markiert hatte.
Die Entscheidung fiel erst fünf Kilometer vor dem Ziel, als sich Demise absetzen konnte und in einer Zeit von 2:25:16 Stunden als Erste das Ziel erreichte. Obwohl die Spitzengruppe so lange zusammen blieb, streute das Rennen in der Schlussphase enorm. Tadelech Bekele komplettierte den äthiopischen Doppelsieg, die Kenianerin Rebecca Chesir schaffte ebenfalls den Sprung aufs Siegerfoto. Im Duell um die beste kanadische Platzierung setzte sich Krista Duchene auf Rang fünf knapp gegen Rachel Hannah durch.

© Toronto Marathon
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Ü85-Weltbestleistung von Ed Whitlock

Für eine außergewöhnliche Leistung sorgte der bereits 85-jährige, aber immer noch erstaunlich fitte Kanadier Ed Whitlock. Er finishte den Toronto Marathon in einer Zeit von 3:56:34 Stunden und torpedierte damit die bis dato gültige Welt-Bestleistung für die Altersklasse Ü85 von 4:34:55 Stunden aus dem Jahr 2004. Nachdem der Kanadier jahrelang immer wieder erstaunliche Leistungen vollbracht hat und eine Weltbestleistung nach der anderen für die Altersklasse Ü80 aufgestellt hat, hat er im Laufe diesen Jahres Welt-Bestleistungen für die Altersklasse Ü85 über die Meile, 5 Kilometer, 10 Kilometer im Halbmarathon und nun im Marathon aufgestellt, dazu kommen noch zwei Weltbestleistungen unter dem Hallendach. Whitlock, der in Toronto mit 15 Jahre alten Laufschuhen unterwegs war, wäre übrigens der Sieger des Toronto Marathon, würde dieser rein nach dem international anerkannten age-graded-ranking bewertet – 20 Sekunden vor Philemon Rono. Übrigens: Whitlock, der erst mit 41 zum Laufen kam, erreichte das Marathon-Ziel vor 1.433 männlichen Mitstreitern, die auch im erweiterten Elitefeld zahlreichen Ausfälle während des Rennens nicht eingerechnet.
 

Ergebnisse Toronto Marathon

Herren
1. Philemon Rono (KEN) 2:08:26 Stunden
2. Seboka Dibaba (ETH) 2:09:45 Stunden
3. Albert Korir (KEN) 2:10:21 Stunden
4. Ishhimael Chemtan (KEN) 2:12:20 Stunden
5. Eric Gillis (CAN) 2:13:43 Stunden
6. Nicholas Rotich (KEN) 2:20:15 Stunden
7. Julius Arile (KEN) 2:20:47 Stunden
8. Kip Kangogo (CAN) 2:22:13 Stunden
9. Kevin Rojas (GBR) 2:24:51 Stunden
10. Kojo Kyereme (GBR) 2:25:42 Stunden

901. Ed Whitlock (CAN) 3:56:34 Stunden
Damen
1. Shure Demise (ETH) 2:25:16 Stunden
2. Tadelech Bekele (ETH) 2:26:29 Stunden
3. Rebecca Chesir (KEN) 2:28:53 Stunden
4. Ashete Bekere (ETH) 2:33:15 Stunden
5. Krista Duchene (CAN) 2:34:00 Stunden
6. Rachel Hannah (CAN) 2:34:34 Stunden
7. Fatuma Sado (ETH) 2:27:53 Stunden
8. Dayna Pdhoresky (CAN) 2:41:06 Stunden
9. Megan Kuikman (CAN) 2:47:21 Stunden
10. Bianca Premont (CAN) 2:48:29 Stunden
Toronto Marathon